rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei Aufenthaltsbefugnis und geringfügiger Beschäftigung (unter 200 Euro Monatslohn)
Leitsatz (redaktionell)
- Eine einem abgelehnten Asylbewerber nach § 30 AuslG erteilte Aufenthaltsbefugnis, die ihm die Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit ermöglicht, entspricht einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG und unterfällt damit der rückwirkend anwendbaren Regelung des § 62 Abs. 2 Nr. 2c EStG i. d. F. vom 13.12.2006.
- Bei Besitz einer derartigen Aufenthaltserlaubnis und dreijährigem rechtmäßigen Aufenthalt reicht ein sozialversicherungspflichtiges geringfügiges Beschäftigungsverhältnis zur Begründung eines Kindergeldanspruchs aufgrund berechtigter Erwerbstätigkeit i. S. des § 62 Abs. 2 Nr. 3b EStG n. F. aus.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 61a S. 2, § 62 Abs. 2; AuslG § 30; AufenthG § 25 Abs. 3; SGB V § 249b; SGB VI § 168 Abs. 1, § 172 Abs. 3b
Streitjahr(e)
2004, 2005
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Familienkasse der Arbeitsagentur „A”, mit dem diese seinen Antrag auf Bewilligung von Kindergeld abgelehnt hat.
Nach eigenen Angaben ist er libanesischer Staatsbürger. Nach dem Inhalt der vom Gericht beigezogenen Ausländerakte reiste er bereits im Kalenderjahr 1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolglos verlaufenem Asylverfahren erteilte die Stadt „A” am 6.3.2002 gemäß § 30 des Ausländergesetzes (AuslG) eine befristete und hinsichtlich einer Arbeitsaufnahme eingeschränkte Aufenthaltsbefugnis. Diese wurde in der Folgezeit mehrfach verlängert. Unter dem 20.6.2005 erteilte die Stadt „A” schließlich eine Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des § 25 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Eine Erwerbstätigkeit wurde hierbei ausdrücklich gestattet.
Die Bewilligung von Kindergeld hatte der Kläger erstmals im März 2004 beantragt, und zwar für seinen am 21.2.2004 geborenen Sohn „B”. Diesen Antrag hatte die Beklagte unter dem 1.4.2004 abgelehnt. Einspruch hatte der Kläger seinerzeit nach Aktenlage nicht erhoben.
Am 4.7.2005 beantragte der Kläger erneut, Kindergeld für seinen Sohn „B” festzusetzen. Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10.8.2005).
Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels sei, der einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld begründe. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter dem 15.8.2005 Einspruch. Zur Begründung verwies er auf die ihm am 20.6.2005 erteilte Aufenthaltserlaubnis.
Die Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück (Entscheidung vom 24.11. 2005). Dazu teilte sie mit, dass auch die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG nicht geeignet sei, einen Anspruch auf Kindergeld zu begründen.
Im Klageverfahren trägt der Kläger vor:
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, denn er habe einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld für seinen Sohn „B”. Der Gesetzgeber habe nämlich nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG <BVerfGE> 111, 160) reagiert und das Einkommensteuergesetz (EStG) geändert. Nach dieser Neufassung des Gesetzes wiederum stehe ihm ein Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld zu.
Er halte sich bereits seit 1996 rechtmäßig in Deutschland auf und im März 2002 habe er eine Aufenthaltsbefugnis erhalten. Anschließend sei ihm auch eine unbefristete Arbeitsgenehmigung erteilt worden (Bl. 55 der Gerichtsakte). Seit dem 17.11.2003 sei er schließlich erwerbstätig. Dazu verweise er auf die in den Ausländerakten abgehefteten Unterlagen (Ablichtungen Bl. 57 bis 62 der Gerichtsakte) und auf eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung betreffend das Streitjahr 2005 (Bl. 56 der Gerichtsakte). Aus diesen Unterlagen sei ersichtlich, dass er zunächst als geringfügig Beschäftigter mit einem Monatslohn in Höhe von 165,-- € tätig gewesen sei. Vor kurzer Zeit sei dieses Arbeitsverhältnis in eine Vollzeitbeschäftigung umgewandelt worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 10.8.2005 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24.11.2005 Kindergeld für seinen Sohn „B” für den Zeitraum von Mai 2004 bis November 2005 zu bewilligen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie ist der Auffassung, dass die Neuregelung des § 62 EStG (vgl. dazu das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 <BGBl> I 2006, 2915>) allenfalls dann einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld begründe, wenn eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung ausgeübt werde.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch den ablehnenden Bescheid vom 10.8.2005 in seinen Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung <FGO>), denn dieser Bescheid ist rechtswidrig.
Der Kläger hat nach den R...