Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskostengesetz/Finanzgerichtsordnung: Keine Gerichtsgebühren bei Verfahrenseinleitung im vorläufigen Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gebührenfälligkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG bei Einleitung von "Prozessverfahren" vor dem VG, FG oder SG betrifft "Prozessverfahren" bzw. Klageverfahren i. S. v. GKG-Kostenverzeichnis Nr. 5110 ff., 6110 ff. und 7110 ff.; dagegen nicht die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß GKG-Kostenverzeichnis Nr. 5210 ff., 6210 ff., 7210 ff.
2. Dementsprechend werden Gerichtsgebühren nicht bereits fällig und erhoben bei Einreichung eines Antrags auf einstweilige Anordnung gemäß § 114 FGO oder § 123 VwGO oder auf aufschiebende Wirkung gemäß § 80 VwGO oder auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gemäß § 69 FGO.
3. Im vorläufigen Rechtsschutz vor dem FG fehlt es im Übrigen gemäß § 53 Abs. 2 GKG auch an der Anwendbarkeit des Mindeststreitwerts aus § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG.
Normenkette
FGO §§ 69, 114; GKG §§ 6, 52-53; VwGO §§ 80, 123
Gründe
I.
Die Gerichtskosten-Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 1, 6, 7 GKG unbegründet.
1. Soweit der Erinnerungsführer von den für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 3 V 161/15 wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) unter Kassenzeichen/Rechnungszeichen-1 abgerechneten Gerichtskosten die bereits für das Rechnungszeichen-2 gezahlten 284 Euro abgezogen haben will, handelt es sich bei letzterer Einzahlung um die bei Einreichung seiner Klage 3 K 148/15 gemäß § 3, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 34, § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG i. V. m. GKG-Kostenverzeichnis Nr. 6110 fällig gestellte Gebühr.
Das Klageverfahren 3 K 148/15 läuft nach Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2015 und dagegen gestelltem Antrag auf mündliche Verhandlung noch und bleibt solange auch hinsichtlich der endgültigen Kosten offen.
2. a) Im hier abgerechneten, mit Antrag vom 15. Juni 2015 eingeleiteten und durch rechtskräftigen Beschluss vom 22. Juni 2015 abgeschlossenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 3 V 161/15 wegen AdV ist dagegen vor der mit der Erinnerung beanstandeten Rechnung noch keine Zahlung angefordert oder geleistet worden.
b) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG wird die Verfahrensgebühr vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit wie der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit nämlich nur in "Prozessverfahren" bereits mit Verfahrenseinleitung fällig. Was zu den "Prozessverfahren" im Sinne dieser Vorschrift gehört, richtet sich nach dem GKG-Kostenverzeichnis (Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl., § 6 GKG Rz. 2). Danach sind "Prozessverfahren" vor den Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichten die Klageverfahren gemäß GKG-Kostenverzeichnis Nr. 5110 ff., 6110 ff. und 7110 ff.; dagegen nicht die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß GKG-Kostenverzeichnis Nr. 5210 ff., 6210 ff., 7210 ff. (Ratschow in Gräber, FGO, 7. Aufl., Vor § 135 Rz. 22 m. w. N.; Glos/Köpf in Schneider/Wolpert/Fölsch Kostenrecht, § 6 GKG Rz. 31; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rz. 21).
c) Dementsprechend werden Gerichtsgebühren nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 nicht bereits bei Einreichung eines Antrags auf einstweilige Anordnung gemäß § 114 FGO oder § 123 VwGO oder auf aufschiebende Wirkung gemäß § 80 VwGO oder - wie hier - auf AdV gemäß § 69 FGO fällig und erhoben (Schoenfeld, DB 2004, 1279, 1281; vgl. FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.10.2012 6 Ko 2327/12, Juris Rz. 27, 46 i. V. m. 13; entgegen Sächsisches FG, Beschluss vom 30.01.2008 3 Ko 9/08, Juris).
d) Im vorläufigen Rechtsschutz vor dem FG fehlt es gemäß § 53 Abs. 2 GKG im Übrigen an der Anwendbarkeit des Mindeststreitwerts aus § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG (Beschlüsse Schleswig-Holsteinisches FG vom 10.01.2011 5 V 206/10, Juris m. w. N.; BFH vom 14.12.2007 IX E 17/07, BFHE 220, 22, BStBl II 2008, 199 m. w. N.).
3. Hier noch nicht entschieden ist das mit erneutem Antrag des Klägers vom 13. Juli 2015 eingeleitete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 3 V 185/15 wegen AdV.
II.
Die Gerichtskostenfreiheit des Erinnerungsverfahrens und die Nichterstattung außergerichtlicher Kosten folgen aus § 66 Abs. 8 GKG.
Die Entscheidung ergeht durch den originären Einzelrichter des Kostensenats des FG gemäß § 66 Abs. 6 GKG (FG Hamburg, Beschluss vom 29.07.2011 3 KO 130/11, Rpfleger 2012, 157, Juris Rz. 35 f. m. w. N.).
Die Unanfechtbarkeit ergibt sich aus § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 128 Abs. 4 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 8614147 |
EFG 2015, 1980 |