Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Aussetzungszinsen bei überlanger Verfahrensdauer
Leitsatz (amtlich)
Eine überlange Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens steht der Festsetzung von Aussetzungszinsen nicht entgegen.
Normenkette
AO § 237
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Aussetzungszinsen.
Die Antragsteller (Ast) hatten mit am 22.01.1991 eingegangenen Schreiben gegen die Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 vom 10.01.1991 (Einkommensteuerakte - EStA - III Bl. 37, 64) und mit am 22.01.1991 eingegangenen Schreiben gegen den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 19.09.1991 (EStA III Bl. 80) Einsprüche eingelegt und gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung beantragt (EStA III Bl. 162 und Bl. 177). Der Antragsgegner (Ag) hatte die Aussetzung der Vollziehung für die Einkommensteuer 1987 und 1988 am 05.02.1991 und für die Einkommensteuer 1989 am 21.10.1991, jeweils mit Wirkung vom Tag der Fälligkeit (13.02.1991 bzw. 22.10.1991) und in Höhe von dem Ast errechneter, auf der Grundlage ihrer Rechtsansicht zu entrichtender Abschlusszahlungen, gewährt. Unter dem 07.10.2002 ergingen Änderungsbescheide betreffend Einkommensteuer 1987, 1988 und 1989, mit denen den Einsprüchen im Wesentlichen abgeholfen wurde (EStA VI). Die weitergehenden Einsprüche hatten die Ast mit Schreiben vom 23.09.2002 zurückgenommen (Rechtsbehelfsakte - RbA). Es ergaben sich hiernach noch offene Abschlusszahlungen in Höhe von 801,71 EURO für 1987, 104,30 EURO für 1988 und 837,50 EURO für 1989.
Mit Bescheid vom 09.10.2002 setzte der Ag für Beträge in Höhe von abgerundet 800 EURO für 1987, 100 EURO für 1988 und 800 EURO für 1989 Aussetzungszinsen in Höhe von insgesamt 1.149 EURO fest (RbA).
Am 30.10.2002 legten die Ast hiergegen unter Hinweis auf das krasse Missverhältnis von Steuer und Zins sowie die lange Verfahrensdauer Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 06.11. 2002 lehnte der Ag die Aussetzung der Vollziehung mit der Begründung ab, die gesetzeskonforme Zinsfestsetzung sei ungeachtet der langen Verfahrensdauer des Rechtsbehelfsverfahrens verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Am 07.12.2002 haben die Ast vor Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Sie tragen vor: Der Zinsbescheid entspräche zwar "dem Buchstaben des Gesetzes". Jedoch sei die Erhebung der Zinsen - zumal in Höhe von 68 % des Steuerbetrages - unangemessen und mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbaren. Die Höhe der Zinsen beruhe auf einem Verhalten des Ag, das schon für sich genommen rechtswidrig sei; denn der Ag habe das Rechtsbehelfsverfahren erst nach einer überlangen Verfahrensdauer von 11 Jahren entschieden, ohne dass sachliche Rechtfertigungsgründe für die lange Verfahrensdauer ersichtlich seien. Hierdurch sei gegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verstoßen worden. Auch das Bundesverfassungsgericht habe eine das Doppelte der Verjährungsfrist übersteigende Verfahrensdauer für unangemessen gehalten. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 21.02.1991 sei durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholt. Hinzu komme, dass die von dem Ag gezahlten Steuerzinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu verzinsen seien, während die Aussetzungszinsen nicht im Gegenzug als Sonderausgaben abziehbar seien, so dass sich Zins und Gegenzins nicht mehr wirtschaftlich gleichwertig gegenüber stünden.
Die Ast beantragen, die Vollziehung des Bescheides über Aussetzungszinsen vom 09.10.2002 auszusetzen.
Der Ag beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Ag bezieht sich auf den Ablehnungsbescheid vom 06.11.2002 und die Entscheidung des FG Düsseldorf vom 07.05.1999 (18 K 3082/96 AO).
Dem Senat haben ein Band Rechtsbehelfsakten und Band III und VI der Einkommensteuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) wird die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise ausgesetzt, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder - was im Streitfall indes nicht vorgetragen ist - wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernsthafte Zweifel bestehen, wenn bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der angefochtenen Entscheidung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen auch gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit in der Beurteilung der Rechtslage oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall.
Bei summarischer Prüfung hat der Ag die Aussetzungszinsen zu Recht festgesetzt.
Soweit ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung ausgesetzt wurde,...