Leitsatz (redaktionell)
1. Eine falsche Auskunft der Behörde führt allenfalls zum Schadenersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung; dieser Anspruch ist auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
2. Keine Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im Steuerrecht
Normenkette
EStG § 32 Abs. 3, §§ 62, 63 Abs. 1 S. 2, §§ 64, 66 Abs. 2-3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kindergeld.
Der Kläger bezog bis Juli 1995 für seinen am …1979 geborenen Sohn N Kindergeld. Dieser bekam ab 1.8.1995 eine Lehrstelle, bei der die Ausbildungsbeihilfe sich auf monatlich 1.000 DM belief. Einen Antrag auf Weiterzahlung von Kindergeld stellte der Kläger nicht. Unter dem 24.1.1997, bei dem Beklagten eingegangen am 30.1.1997, stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Kindergeld, das mit Bescheid des Beklagten vom 19.2.1997 ab Juli 1996 rückwirkend bewilligt wurde.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 23.2.1997, bei dem Beklagten eingegangen am 26.2.1997, Einspruch mit dem Begehren, ihm Kindergeld ab 1.1.1996 zu zahlen. Er führte hierzu aus, er habe sich bei der Familienkasse 3 × erkundigt, ob er während der Ausbildung seines Sohnes kindergeldberechtigt sei. Jedesmal sei ihm die falsche Auskunft gegeben worden, daß er wegen des zu hohen Verdienstes des Sohnes keinen Anspruch auf Kindergeld habe. Der Fehler des verspäteten Antrages liege deshalb nicht auf seiner Seite.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 25.4.1997 den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, Kindergeld habe erst ab Juli 1996 bewilligt werden können, da der für die Bewilligung erforderliche Antrag erst im Januar 1997 beim Beklagten eingegangen sei und nur 6 Monate zurückwirke (§ 66 Abs. 3 EStG).
Auf die Frage, ob und wie weit die späte Antragstellung vom Kläger ganz oder teilweise zu verantworten sei, komme es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht an, da allein der Eingangszeitpunkt des Antrages entscheidend sei.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 22.5.1997 eingereichte Klage, die am 23.5.1997 beim Sozialgericht Hamburg einging. Mit Beschluß vom 30.9.1997 hat sich das Sozialgericht Hamburg für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Finanzgericht verwiesen.
Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe den Kläger darauf hingewiesen, daß für dessen Sohn nur dann Kindergeld gezahlt werden könnte, wenn bestimmte Voraussetzungen, wie z.B. Berufsausbildung des Kindes, erfüllt seien. Da der Sohn des Klägers ab 1.8.1995 eine Lehrstelle bekommen habe, bei der die Ausbildungsbeihilfe monatlich 1.000 DM betragen habe, sei ein Antrag des Klägers auf Weiterzahlung von Kindergeld nicht gestellt worden, weil nach der damaligen Rechtslage ein Anspruch nicht bestanden hätte. Eine Zeitungsnotiz, die auf eine Änderung der Rechtslage ab 1.1.1996 hingewiesen habe, habe der Kläger zum Anlaß genommen, bei dem Beklagten anzurufen. Er habe mit einer Mitarbeiterin der Kindergeldkasse gesprochen, die ihm erklärt habe, daß Einkommen des Sohnes sei zu hoch, weshalb keine Ansprüche bestehen würden.
Der Kläger sei erst am 23.1.1997 anläßlich eines Termins beim Finanzamt dort darauf hingewiesen worden, daß ihm doch Kindergeld zustehe, worauf er gleich am 24.1.1997 einen neuen Antrag gestellt habe. Er habe den Antrag nur deshalb so spät gestellt, weil der Beklagte ihn falsch informiert habe. Eine weitere Mitarbeiterin des Beklagten, namens T, habe ihm am 25.2.1997 bestätigt, daß sie und viele Kollegen bezüglich der Kindergeldansprüche ab 1.1.1996 falsche Auskünfte erteilt hätten. Wenn der Kläger richtig informiert worden wäre, hätte er den Antrag nicht erst am 24.1.1997, sondern 1 Jahr früher gestellt. Bei richtiger Bearbeitung wäre ihm kein Schaden entstanden. Da eine Falschinformation durch den Sozialversicherungsträger den sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch auslöse, sei der Kläger so zu stellen, als hätte er den Antrag auf Zahlung von Kindergeld für den Sohn N rechtzeitig gestellt. Die Sozialgerichtsbarkeit habe das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entwickelt, weil es dem billig- und gerechtdenkenden Bürger nicht einleuchten könne, daß die Falschberatung bzw. -auskunft eines Sozialversicherungsträgers dazu führen solle, daß Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden könnten. Dies müsse auch dann gelten, wenn durch eine gesetzgeberische Entscheidung Kindergeldsachen, die typischerweise ins Sozialrecht gehörten, der Finanzgerichtsbarkeit zugeordnet worden seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verpflichten, unter Änderung des Bescheides vom 19.2.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.4.1997 Kindergeld für den am …1979 geborenen Sohn N bereits ab 1.1.1996 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich im wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt der Beklagte vor, die Familienkasse sei an die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen gebunden. Der vom Kläger erwähnte sozialrechtliche...