Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit desHamburgisches Spielvergnügungsteuergesetzes nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes
Leitsatz (amtlich)
Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz ist auch nach Inkrafttreten des Glückspieländerungsstaatsvertrages und des Spielhallengesetzes jedenfalls für Besteuerungszeiträume bis Januar 2014 weder verfassungsrechtlich noch unionsrechtlich zu beanstanden.
Normenkette
HmbSpVStG §§ 1, 4, 12; GG Art. 3, 12, 105 Abs. 2a; AEUV Art. 56
Tatbestand
Streitig ist die Festsetzung von Spielvergnügungsteuer für die Monate August 2012 bis Dezember 2012, Januar bis Dezember 2013 sowie Januar 2014.
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt seit Jahrzehnten in Hamburg Spielhallen mit Spielgeräten i.S.von § 1 Abs. 2 des Hamburgischen Spielvergnügungsteuergesetzes (HmbSpVStG); im Streitzeitraum hatte sie 35 Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit aufgestellt. Zwischen 2012 und 2017 zahlte sie nach ihren Angaben insgesamt 35.442,00 € Ertragsteuern einschließlich Solidaritätszuschlag und 1.651.964,36 € Spielvergnügungsteuer (...).
In Hamburg gab es im Zeitraum 2011 bis 2018 die folgende Anzahl von Spielhallen und Spielgeräten
Jahr |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
Spielhallen |
322 |
318 |
303 |
285 |
291 |
287 |
298 |
303 |
Spielgeräte |
3867 |
3817 |
3642 |
3424 |
3501 |
3452 |
2385 |
2431 |
Die Klägerin gab für den Streitzeitraum Steueranmeldungen gem. § 8 HmbSpVStG ab, deren Höhe zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Im Einzelnen meldete sie folgende Spieleinsätze i.S. von § 1 Abs. 3 HmbSpVStG an:
August 2012 |
507.962 € |
September 2012 |
488.414 € |
Oktober 2012 |
495.965 € |
November 2012 |
531.023 € |
Dezember 2012 |
536.921 € |
Januar 2013 |
459.043 € |
Februar 2013 |
526.650 € |
März 2013 |
545.157 € |
April 2013 |
454.018 € |
Mai 2013 |
469.920 € |
Juni 2013 |
512.792 € |
Juli 2013 |
448.828 € |
August 2013 |
535.353 € |
September 2013 |
547.573 € |
Oktober 2013 |
513.154 € |
November 2013 |
531.039 € |
Dezember 2013 |
641.945 € |
Gegen die Steuerfestsetzungen legte die Klägerin jeweils Einsprüche ein, die sie auf die Unionsrechtswidrigkeit der Belegung von Spielgeräten mit Umsatzsteuer und Spielvergnügungsteuer stützte. Nachdem die Einsprüche (gegen die Festsetzung August 2012 bis Dezember 2013) mit Rücksicht auf das Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Hamburg vom 21. September 2012 (3 K 104/11) geruht hatten, wies der Beklagte die Einsprüche am 31. Januar 2014 und 11. Februar 2014 (Januar 2014) zurück, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 24. Oktober 2013 (C-440/12)entschieden hatte, dass Mehrwertsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe kumulativ erhoben werden dürften, sofern die Sonderabgabe nicht selbst den Charakter einer Umsatzsteuer habe.
Am 28. Februar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die von ihr aufgestellten Geräte schon nicht den Tatbestand von § 1 Abs. 3 HmbSpVStG erfüllten, denn danach werde der Aufwand für die Nutzung von Spielgeräten besteuert, mithin wohl der Geldeinwurf. Tatsächlich habe der Geldeinwurf praktisch nichts mit dem Spieleraufwand zu tun, weil auch mit stehengelassenen Gewinnen gespielt werde. Damit stimme die Definition des § 1 Abs. 3 HmbSpVStG nicht mit dem vom Gerät erfassten Aufwand überein. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (C-440/12) seien weder der Spieleinsatz noch der Geldeinwurf am Gerät mit dem Entgelt identisch. Entgelt sei nur der Betrag, der dem Geräteaufsteller am Ende des Monats in der Gerätekasse verbleibe (Saldo 2). Dieser bestehe aus einer Vielzahl der von allen Nutzern innerhalb eines bestimmten Zeitraumes getätigten Einsätze, abzüglich der getätigten Auszahlungen und der Röhrennachfüllungen. Den Geldeinsatz, der sogleich in die Auszahlvorrichtung falle, erhalte der Aufsteller nicht. Da der Spieleinsatz des einzelnen Spielers danach kein Entgelt im Sinne der Definition der Rechtsprechung sei, fielen die von ihr, der Klägerin, aufgestellten Geräte nicht unter den in § 1 Abs. 3 HmbSpVStG definierten Steuergegenstand.
Im Übrigen ist die Klägerin weiterhin davon überzeugt, dass das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz verfassungs- und unionsrechtswidrig ist.
Hamburg fehle die Gesetzgebungskompetenz i.S. von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG), denn die Spielvergnügungsteuer stelle keine Aufwandsteuer i.S. von Art. 105 Abs. 2a GG dar. Die gewählte Bemessungsgrundlage "Spieleinsatz" sei kein tauglicher Steuermaßstab für eine Aufwandsteuer, weil er den gesamten vom Spieler eingesetzten Betrag erfasse und nicht einen um den Spielvergnügungsteueranteil bereinigten Geldbetrag. Dieser werde nicht vorab ausgesondert, vielmehr werde mit diesem Anteil i.H.v. ca. 5% weitergespielt. Zudem werde der Geräteaufsteller unkalkulierbar an der Vergnügungsteuer beteiligt: da auch bzgl. des Steueranteils die Gewinne an den Spieler ausgeschüttet würden, trage der Aufsteller einen Teil der Steuer selbst. Der Aufsteller habe keinen Einfluss auf die Gewinnausschüttung der Geräte und müsse monatlich 15% bis zu 80% des Einspielergebnisses...