Entscheidungsstichwort (Thema)
Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz ist verfassungsgemäß und unionsrechtskonform
Leitsatz (amtlich)
1. Auf die Hamburgische Spielvergnügungsteuer ist nicht aus unionsrechtlichen Gründen die Umsatzsteuer anzurechnen.
2. Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz war nicht bei der EU-Kommission zu notifizieren.
3. Das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz ist formell und materiell verfassungsgemäß, insbesondere liegt keine erdrosselnde Wirkung der Steuer vor.
Normenkette
MwStSystRL Art. 1 Abs. 2, Art. 135 Abs. 1, Art. 401; EUGrCh Art. 15-16, 20, 51; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 21; HamSpVStG §§ 1, 3, 14 Abs. 1; HmbSpBkG § 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit und die Unionsrechtskonformität der Hamburgischen Spielvergnügungsteuer.
Die Klägerin, eine GmbH, wurde im ... 2007 gegründet und betreibt in Hamburg ab Oktober 2007 Spielhallen. Sie meldete für den streitgegenständlichen Zeitraum vom Oktober 2007 bis einschließlich Juli 2012 monatlich Spielvergnügungsteuern in Höhe von insgesamt ... € beim Beklagten an. Darin sind ganz überwiegend auf der Grundlage des Spieleinsatzes (§ 1 Abs. 3 des Hamburgischen Spielvergnügungsteuergesetzes - HmbSpVStG) selbst ermittelte Steuern für den Betrieb von anfangs 48, zuletzt 24 Spielgeräten mit Geld- oder Warengewinnmöglichkeit enthalten. Für die Monate Oktober 2007 bis einschließlich April 2008 meldete die Klägerin auch die Steuer für zunächst 2 - ab November 2007 nur noch 1 - Unterhaltungsspielgeräte - im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 HmbSpVStG in Höhe von 160 € (für 2 Geräte) und 80 € (für ein Gerät) an. Der Beklagte folgte den Steueranmeldungen. Nur für den Monat November 2007 setzte er die Steuer abweichend von der Anmeldung auf ... € fest, weil er 2 statt nur 1 Unterhaltungsspielgerät berücksichtigte.
Die Klägerin legte - bis auf den Monat April 2010 - gleichzeitig mit oder ein paar Tage nach den Steueranmeldungen jeweils Einsprüche ein. Sie begründete ihre Einsprüche mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Hamburgische Spielvergnügungsteuergesetz, die Gegenstand von mehreren Musterverfahren waren. Die Einsprüche ruhten bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 7. November 2011 im Verfahren II R 51/10 (BFH/NV 2012, 790).
Der Beklagte wies die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche mit vier Entscheidungen vom 28. August 2012 (betreffend Oktober 2007 bis Dezember 2008, Januar 2009 bis Dezember 2010, Januar bis Dezember 2011 und Januar bis Juli 2012) jeweils als unbegründet zurück. Der BFH habe in der Entscheidung vom 7. November 2011 (II R 51/10) die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Geldspielgeräten nach dem Hamburgischen Spielvergnügungsteuergesetz festgestellt.
Die Klägerin hat am 27. September 2012 (2 K 259/12) Klage erhoben. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Gerichts vom 19. Februar 2013 ausgesetzt bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Verfahren C-440/12 (Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 21. September 2012 3 K 104/11, EFG 2012, 2241). Nach Ergehen der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-440/12 - Metropol-Spielstätten - am 24. Oktober 2013 (DB 2013, 2660) wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 2 K 257/13 fortgesetzt.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass auf die Vergnügungsteuern jeweils die Umsatzsteuer anzurechnen sei. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 24. Oktober 2013 (C-440/12) ausgeführt, dass der Gleichbehandlungssatz des Art. 20 der Grundrechtscharta nicht beachtet werde, wenn bei Wettbewerbern wie den öffentlichen Spielbanken die Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe angerechnet werden dürfe, eine solche Anrechnung auf die Spielvergnügungsteuer aber nicht gesetzlich vorgesehen sei. Zudem sei das Urteil des EuGH vom 24. Oktober 2013 (C-440/12) unter entscheidungserheblicher Verletzung des Rechts der dortigen Klägerin auf ein faires Verfahren zustande gekommen, weil der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Das Urteil des EuGH sei auch deshalb nicht anzuwenden, weil es sich als Ultra-vires-Rechtsakt des Gerichtshofs darstelle und der EuGH seine eigene jüngste Rechtsprechung damit konterkariere. Zur näheren Begründung wird auf einen Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verfahren 3 K 207/13Bezug genommen.
Die streitgegenständlichen Spielvergnügungsteuerbescheide seien auch deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil der Hamburgische Gesetzgeber durch die Einführung der Spielvergnügungsteuer gegen die für technische Vorschriften geltende Notifizierungspflicht des Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 81) verstoßen habe. Nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nähmen die Mitgliedstaaten den Entwurf einer technischen Vorschrift nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung gemäß Ar...