Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung: Einreihung von Action-Kameras Entscheidung nach Vorlageentscheidung des EuGH vom 20.03.2017, verb. Rs. C-435/15 und C-666/15 - Grofa
Leitsatz (amtlich)
1. Im Erfolgsfalle der Klage wird das HZA verpflichtet, eine neue vZTA mit Wirkung vom ursprünglichen Erteilungsdatum an zu erlassen.
2. Action-Kameras, die sowohl die Funktion eines digitalen Fotoapparats als auch eines Videokameraaufnahmegeräts erfüllen, sind als Videokameraaufnahmegeräte (Unterpositionen 8525 8091/99 KN) einzureihen, wenn sie Videosequenzen bei einer bestimmten Auflösung mit einer Länge von mehr als 30 Minuten aufzeichnen können.
3. Innerhalb der Unterpositionen für Videokameraaufnahmegeräte sind sie in die Unterposition 8525 8091 KN einzureihen, wenn sie nicht zur autonomen Aufzeichnung von Videosignalen aus fremden Quellen fähig sind.
Normenkette
KN Unterpos. 8525 8030; KN Unterpos. 8525 8091; KN Unterpos. 8525 8099; ErlKN Unterpos. 8525 8030; ErlKN Unterpos. 8525 8091; ErlKN Unterpos. 8525 8099
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die zolltarifliche Einreihung sog. Action-Kameras.
Die Klägerin führt sog. Action-Kameras des Herstellers X ins Zollgebiet der Union ein. Hierbei handelt es sich um batteriebetriebene elektronische Geräte mit Funktionen eines digitalen Fotoapparats und eines Videokameraaufnahmegeräts.
Unter dem 05.12.2012 beantragte die Klägerin für die fünf Kameramodelle der Modellreihe Y, nämlich die Modelle "Modell-1", "Modell-2", "Modell-3", "Modell-3 A" und "Modell-3 B" je eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA). Unterschiede bei den Modellen "Modell-1", "Modell-2" und "Modell-3" gibt es bei der optischen Qualität (Linse, Aufnahmewinkel) und den Foto- und Videofunktionen. Die Varianten der "Modell-3" (A und B) unterscheiden sich vom Grundmodell nur im Hinblick auf das mitgelieferte Befestigungszubehör. Den ursprünglichen, in den Anträgen genannten Vorschlag, die Kameras als Videokameraaufnahmegeräte nur mit Aufzeichnungsmöglichkeit des durch die Kamera aufgenommenen Tons und Bildes (Unterposition 8525 8091 KN) einzureihen, änderte die Klägerin mit E-Mail vom 22.01.2013 dahin gehend, dass sie die Einreihung als digitale Fotoapparate (Unterposition 8525 8030 KN) anregte.
Der Beklagte reihte die fünf Kameras mit den folgenden vZTAen vom 21.01.2013 in die TARIC-Code-Nr. 8525 8099 00 ein:
vZTA DE-1: Y Modell-1
vZTA DE-2: Y Modell-2
vZTA DE-3: Y Modell-3
vZTA DE-4: Y Modell-3 A
vZTA DE-5: Y Modell-3 B.
Es handele sich jeweils um multifunktionale digitale Videokameraaufnahmegeräte. Die Speicherung und Wiedergabe von Videos mit einer maximalen Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixel bzw. 2.716 x 1.524 Pixel bei 30 Bildern pro Sekunde für mehr als 30 Minuten sei die kennzeichnende Haupttätigkeit.
Gegen diese vZTAe legte die Klägerin am 22.02.2013 Einspruch ein. Bei den Kameras handele es sich um digitale Fotoapparate (Unterposition 8525 8030 KN). Zur Begründung verwies sie u. a. auf das Gutachten zur zolltariflichen Einreihung der Kameras X Y von Prof. Dr.-Ing. C von der Technischen Universität D vom 10.04.2013 (Anlage 28 zur Klagschrift).
Für die Kameramodelle "Modell-2" und "Modell-1" half der Beklagte den Einsprüchen der Klägerin ab, indem er am 21.11.2013 die vZTAe DE-6 und DE DE-7 erließ, mit denen diese Kameras als "digitale Fotoapparate" in die TARIC-Code-Nr. 8525 8030 00 eingereiht wurden. Da die Entscheidungen von der unzutreffenden Annahme ausgingen, dass diese Modelle Videosequenzen nur mit einer Auflösung von 800 x 480 Pixel aufnehmen könnten, wurden sie in der Folge widerrufen.
Die drei Kameras der "Modell-3" (im Folgenden: Kameras), die allein Gegenstand des weiteren Einspruchs- und Gerichtsverfahrens sind, weisen die folgenden Produktmerkmale auf: Sie haben einen Auslöse-/Auswahlknopf, einen Einschalt-/Modus-Schalter, eine LCD-Statusanzeige, jedoch kein Sucherdisplay. Sie verfügen über ein Objektiv mit Festbrennweite und Aufnahmewinkeln von 150 Grad, 127 Grad und 90 Grad. Die mit der Linse und einem eingebauten Mikrofon eingefangenen Ton- und Bildinformationen werden im MP4 H.264-Dateiformat auf einer austauschbaren Speicherkarte gespeichert. Die Kameras haben keinen fest installierten internen Speicher, auf dem Bild- und Toninformationen aufgenommen werden können. Die Software der Kameras kodiert die aufgenommenen Daten in einer Weise, dass eine Unterscheidung der durch die Kameras erzeugten MP4 H.264-Dateien von aus anderen Quellen stammenden Dateien möglich ist.
Die Kameras besitzen mehrere Fotofunktionen (Einzelfoto, Fotoserie, Fotointervall, Dauerfotoserie, simultane Video- und Fotoaufnahme) mit einer Auflösung bis 12 Megapixel. Darüber hinaus können sie Videos bei 30 Bildern pro Sekunde in einer Auflösung von mindestens 1.920 x 1.080 Pixel im Videoschleifenmodus bis zu 120 Minuten und länger aufzeichnen. Videoaufnahmen, die länger als 26 Minuten und drei Sekunden dauern, werden in mindestens einer weiteren MP4 H.264-Datei mit einer maximalen Abspielzeit von jeweils 26 Minuten und drei...