Revision eingelegt (BFH XI R 10/20)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Behandlung von sogenannten In-App-Käufen - Dienstleistungskommission
Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze der sogen. Ladenrechtsprechung sind auch auf sogen. In-App-Käufe aus Spielen auf mobilen Endgeräten (insbes. Smartphones) anwendbar.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, 9, 11, § 3a Abs. 1; MwStSystRL Art. 28; MStDVO Art. 7, 9a; TKG § 45h
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von sogenannten In-App-Käufen.
Die Klägerin entwickelt und vertreibt Spiele-Apps für mobile Endgeräte (Smartphones, Tablets o. Ä.). Für den Vertrieb nutzt sie unter anderem den A, eine Plattform des Unternehmens B, die bis zum ... 2014 von C betrieben wurde. Nutzer von mobilen Endgeräten mit dem Betriebssystem ... konnten die Spiele-Apps der Klägerin in den Streitjahren 2012 bis 2014 ausschließlich über den A herunterladen. Die dafür erforderliche A-App war regelmäßig bereits ab Werk auf dem mobilen Endgerät installiert. Zusätzlich gab es die Möglichkeit, den A über einen Internet Browser aufzurufen.
Zur Nutzung des A war eine vorherige Anmeldung erforderlich, wobei die Nutzer ihre persönlichen Daten und eine oder mehrere Zahlungsmöglichkeiten hinterlegen mussten (z.B. Kreditkarte, PayPal oder über den Telefonnetzanbieter). Zudem mussten die Nutzer die Nutzungsbedingungen des A ausdrücklich akzeptieren.
Darin war in den Streitjahren enthalten, dass bei jedem Erwerb von Inhalten (etwa Apps, Text, Software für mobile Geräte) neben dem Vertrag mit C über die Nutzung des A ein weiterer Vertrag eingegangen werde. Dies könne ein Vertrag mit C sein oder im Fall von Zeitschriften - und nur falls entsprechend gekennzeichnet - mit dem Anbieter, wobei C diesen vertrete, und im Fall von ...-Apps mit dem jeweiligen Anbieter der App (Ziff. 2 Abs. 1 Buchst. c). Für den Fall von Mängeln oder Funktionsproblemen bei ...-Apps war bestimmt, dass sich der Nutzer an den Entwickler der App wenden sollte, der in diesem Fall Vertragspartner sei (Ziff. 6 Abs. 11 Satz 3). Bei Änderungen der Nutzungsbedingungen war nach Ziff. 6 Abs. 16 vorgesehen, dass vor dem nächsten Erwerb von Inhalten bei A die neuen Nutzungsbedingungen akzeptiert werden müssten.
Der A verfügte in den Streitjahren zudem über eine eigene Erstattungsrichtlinie. Danach konnten sich Nutzer binnen 48 Stunden nach dem Erwerb - neben den App-Entwickler - auch an A wenden, um einen Kauf zu stornieren und Erstattung zu beantragen, die unter bestimmten Bedingungen gewährt wurde.
C schloss mit den Entwicklern in den Streitjahren eine standardisierte Vereinbarung über den Vertrieb von Produkten über den A, wonach der Entwickler der Verkäufer der Produkte war, die über A angeboten wurden. Er musste von C vorgegebene technische und gestalterische Standards einhalten, die Voraussetzung für das Hochladen einer App waren. C sollte die Produkte nach der Vereinbarung im Namen der Entwickler anzeigen und sie dergestalt zum Download und zum Kauf für die Nutzer zur Verfügung stellen. Der Entwickler sollte den Preis für das Produkt bestimmen und den Support leisten. C sollte eine Provision erhalten. Der Zahlungsvorgang sollte über den A abgewickelt werden und C wurde autorisiert, den Preis des Produkts oder einer In-App-Transaktion im Namen des Entwicklers vollständig zu erstatten.
Im A standen den Nutzern in den Streitjahren verschiedene Spiele-Apps zur Verfügung, die heruntergeladen werden konnten. Diese Spiele stammten weit überwiegend nicht von C, sondern von Drittanbietern. Sie wurden im A vorgestellt, wobei bei jedem Spiel auch der Name des Drittanbieters angegeben wurde. Zum Teil wurden der volle Name und die Rechtsform des Drittanbieters, teilweise aber auch nur Bezeichnungen ohne Rechtsform angegeben. Es kam auch vor, dass nur Markennamen aufgeführt wurden, die von der Firma des Drittanbieters abwichen. Zum Teil konnten die Nutzer im A nur die Bezeichnung des Drittanbieters, nicht aber dessen Firma oder Rechtsform finden. Die Klägerin trat im streitgegenständlichen Zeitraum im A mit ihrer Firma, Rechtsform und Anschrift auf.
Die von ihr entwickelten Spiele-Apps konnten im A kostenlos heruntergeladen werden. In-App-Käufe ermöglichten es dem Nutzer, im Spielgeschehen voranzukommen oder andere Vorteile zu erlangen. Sie fanden nicht innerhalb des A, sondern direkt aus der bereits installierten App der Klägerin statt. Die Nutzer konnten die Vorteile oder Verbesserungen durch In-App-Käufe direkt in der Spiele-App aussuchen und durch den Erwerb freischalten lassen.
Die Kaufabwicklung erfolgte bei den hier streitgegenständlichen Geschäften über den A und die dort hinterlegte Zahlungsmethode. Nach Auswahl eines kostenpflichtigen Artikels öffnete sich innerhalb der Spiele-App ein sogenanntes Pop-Up-Fenster. Dieses war mit dem Logo des A versehen. Es nannte das ausgewählte Produkt, den Bruttopreis sowie die Zahlung...