Revision eingelegt (BFH XI R 30/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Analyse und Befundung von Gewebeproben durch Laborarzt als umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen
Leitsatz (amtlich)
Umsätze eines Laborarztes, der Gewebeproben anderer Ärzte und/oder Krankenhäuser analysiert und befundet, sind als Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei. Die Regellösung setzt nicht das Bestehen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient voraus.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von Laborleistungen, die die Klägerin an externe Ärzte und Kliniken erbringt.
Die Klägerin ist eine aus ... Gesellschaftern bestehende ärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der XX. Sie verfügt über keine vertragsärztliche Zulassung.
Das Labor wird von ... der ... Gesellschafter operativ betrieben. ... sind Fachärzte für ... und verfügen über eine histopathologische Zusatzausbildung. Die Laboruntersuchungen werden aufgrund ärztlicher Anordnung durchgeführt und dienen der Erkennung von Krankheiten. Die Gewebeproben werden bei Eingang von einem der ... verantwortlichen Gesellschafter gesichtet und nach Fragestellung und Dringlichkeit vorsortiert. Anschließend wird das vom Patienten gewonnene Gewebe vom nichtärztlichen Personal aufbereitet. Das vorbereitete Gewebe wird sodann von den Ärzten untersucht und befundet. Der Befund wird sowohl schriftlich als auch als fotografisch dokumentiert und dem Einsendenden mitgeteilt.
In dem Labor der Klägerin werden zum einen Gewebeproben von eigenen (Privat-) Patienten des A untersucht. Hinsichtlich dieser Leistungen besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass insoweit eine unselbstständige Nebenleistung zur Heilbehandlung vorliegt, die von der Umsatzsteuer befreit ist. Zum anderen analysiert und befundet die Klägerin Gewebeproben anderer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Kliniken (sogenannte Fremdhistologien). Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik, abgerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt.
Mit der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2010 meldete die Klägerin Umsatzsteuer in Höhe von ... € an. Sie erklärte darin entsprechend der von ihr vertretenen Rechtsauffassung alle Laborumsätze, auch die aus Fremdhistologien als umsatzsteuerfrei. Ergänzend schlüsselte sie die Einnahmen auf und wies die aus der Fremdhistologie gesondert aus. Ebenfalls bezifferte sie die bei anderer Rechtsauffassung ergänzend zu berücksichtigende Vorsteuer.
Mit Bescheid vom 08.03.2012 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2010 abweichend auf ... € fest. Er vertrat die Auffassung, dass die Laborleistungen der Klägerin, die gegenüber anderen Ärzten und Kliniken erbracht würden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (UStG) fielen. Mit Bescheid vom 28.12.2012 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Den noch gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar 2010 bis Dezember 2010 gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 30.09.2015 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 16.10.2015 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass auch die Umsätze aus Fremdhistologien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei seien. Sie erbringe Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Tätigkeit als Arzt, denn auch Laborleistungen gehörten dazu, auch soweit solche Leistungen von anderen Ärzten verordnet und durch ein externes Labor erbracht würden. Es sei nicht erforderlich, dass die Heilbehandlungsleistung unmittelbar gegenüber dem Patienten erbracht werde. Entgegen der Ansicht des Beklagten erfordere die Steuerbefreiung für Laborleistungen nicht ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Ein solches Verständnis ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus der Systematik. Unabhängig davon, dass ein persönliches Vertrauensverhältnis keine Tatbestandsvoraussetzung sei, werde in den Bereichen der ... und Histopathologie der Laborarzt in das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und behandelnden Arzt mit einbezogen. Denn der Patient vertraue darauf, dass der Arzt vertrauensvolle und fähige Personen als Erfüllungsgehilfen für seine Behandlung einschalte. Zu beachten sei auch, dass die Befundung, die Grundlage für die Diagnose und Behandlung sei, häufig differenzierte Wertungen und Einschätzungen erfordere, die eine enge Kommunikation mit dem behandelnden Arzt beinhalteten und häufig auch Hinweise und Beh...