Entscheidungsstichwort (Thema)
Gutschrift und Konten im Sinne von § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO, - Säumniszuschläge
Leitsatz (amtlich)
- Für den durch § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO gesetzlich fingierten Zeitpunkt, zu dem eine Zahlung bei Überweisung als entrichtet gilt, ist auf den Tag der Verbuchung der Gutschrift auf dem Konto der Finanzbehörde abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn die Wertstellung gegebenenfalls zu einem früheren Tag erfolgt.
- Die Finanzbehörden sind grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, bei welchen Kreditinstituten sie Konten zu Entgegennahme von Zahlungen im Sinne des § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO unterhalten oder schließen. Insbesondere besteht keine Verpflichtung auch ein Konto bei Kreditinstituten mit hoher Kundenzahl zu unterhalten, um dadurch Steuerpflichtigen institutsintern gleichtägige Buchungen von Belastung und Gutschrift zu ermöglichen.
- Bestreitet ein Steuerpflichtiger u.a. die Entstehung von Säumniszuschlägen dem Grunde nach, hat die Finanzbehörde hierüber einen Bescheid i.S.d. § 218 Abs. 2 AO zu erlassen. Erst gegen diesen sind Einspruch und Anfechtungsklage eröffnet.
- Die Einziehung von Säumniszuschlägen ist bei regelmäßiger Ausschöpfung der Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO durch den Steuerpflichtigen und wiederholter Verwirkung von Säumniszuschlägen in der Vergangenheit nicht sachlich unbillig, wenn die Gutschrift des Steuerbetrags bei der Finanzbehörde erst am Tag nach Ablauf der Frist des § 240 Abs. 3 AO erfolgt und sich damit das mit der Ausnutzung der Schonfrist bewusst eingegangene Risiko verwirklicht.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2, § 224 Abs. 2 Nr. 2, §§ 227, 240 Abs. 1, 3; FGO §§ 40, 42, 102
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ( -Kl- ) einen Säumniszuschlag auf eine nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtete Umsatzsteuervorauszahlung entrichten muss.
Der Kl ist als selbständiger Rechtsanwalt tätig und unterliegt mit seinen Leistungen der Umsatzsteuer. Voranmeldungszeitraum für ist ihn der Kalendermonat. Er unterliegt der Regelversteuerung nach vereinbarten Entgelten. Eine Dauerfristverlängerung hat er nicht beantragt.
Die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Februar 2006 übermittelte der Kl an das hierfür zuständige Finanzamt gemäß § 18 Abs. 1 Satz Umsatzsteuergesetz ( -UStG- ) auf elektronischem Weg am 10.03.2006. Das Übertragungsprotokoll weist als Empfangsdatum den 10.03.2006 um 19:29 Uhr aus. Nachfolgend - nach eigenen Angaben etwa um 19:39 Uhr desselben Tages - überwies der Kl von seinem bei der Bank 1 unterhaltenen Girokonto die als Zahllast errechnete Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Februar 2006 in Höhe von EUR 2.446,09 im Wege des Onlinebanking an die zuständige Steuerkasse. Ausweislich des vorgelegten Kontoauszuges des Kl vom 10.03.2006 wurde der Überweisungsbetrag seinem Konto bei der Bank 1 noch am selben Tag belastet. Sowohl das Buchungsdatum als auch das Wertstellungsdatum sind mit dem 10.03.2006 ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 27.03.2006 teilte die Steuerkasse dem Kl mit, dass die am 10.03.2006 fällige Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 2006 erst am 14.03.2006 und damit verspätet gezahlt worden sei. Dadurch sei ein Säumniszuschlag gemäß § 240 Abgabenordnung ( -AO- ) in Höhe von EUR 24 entstanden.
Der Kl schrieb der Steuerkasse unter dem 29.03.2006, er sei zur Zahlung des Säumniszuschlages nicht bereit. Neben dem Hinweis auf seine situative Arbeitsbelastung wies er auf die Überweisung von und Belastung auf seinem Konto am 10.03.2006 hin und bestritt den Eingang bei der Steuerkasse erst am 14.03.2006. Hilfsweise trug er vor, der späte Eingang sei darauf zurückzuführen, dass die Steuerkasse ihr Konto bei der Bank 1 aufgegeben habe. Soweit der Zahlungsweg auf das bei der Bank 2 unterhaltene Konto mehr Zeit in Anspruch nähme, falle dies in den Verantwortungsbereich der Steuerkasse. Er habe alles getan, um eine fristgerechte Zahlung zu bewirken. Hilfsweise bitte er um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Das Schreiben des Kl wurde zuständigkeitshalber an den Beklagten ( -Bekl- ) weitergeleitet, der durch Bescheid vom 10.04.2006 einen Erlass des Säumniszuschlages ablehnte. Zahlungen seien an die zuständige Kasse zu entrichten. Als entrichtet gelte eine wirksam geleistete Zahlung auf ein Konto der Finanzbehörde an dem Tag, an dem der Betrag der Finanzbehörde gutgeschrieben werde. Ein Steuerpflichtiger sei gehalten, für eine rechtzeitige Absendung Sorge zu tragen. Dabei sei ein Zeitpunkt zu wählen, der eine eventuelle Verzögerung durch seine Bank berücksichtige.
Hiergegen wandte sich der Kl mit Einspruch vom 13.04.2006. Er bestritt weiter, den Eingang des Betrages erst am 14.03.2006. Es sei zwischen dem Eingang des Geldes bei der begünstigten Bank und der Ausweisung dieses Eingangs durch Gutschrift auf dem begünstigten Konto zu unterscheiden. Eine frühere Zahlung sei ihm wegen der Ferienzeit und der zu knapp bemessenen Frist für die zuvor notwendige Auswertung der für die Ermittlung der Umsatzsteuerschuld benötigten Unterlagen bis zum 10. des Folgemonats ...