Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Anwaltswechsel; Erstattungsfähigkeit von im EU-Ausland gezahlter Umsatzsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG erfolgt nicht, wenn die Geschäftsgebühr bei dem einen und die Verfahrensgebühr wegen Anwaltswechsels bei einem anderen Rechtsanwalt angefallen ist. Ein solcher Anwaltswechsel ist auch gegeben, wenn der Rechtsanwalt vorgerichtlich für eine Sozietät und gerichtlich nach Auflösung der Sozietät als Einzelanwalt tätig wird und nicht ersichtlich ist, dass die Auflösung der Gesellschaft aus missbräuchlichen oder ansonsten unbeachtlichen Gründen erfolgt ist.
2) Gemäß Nr. 7008 VV RVG ist nicht nur deutsche Umsatzsteuer, sondern auch die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschuldete Umsatzsteuer erstattungsfähig.
Normenkette
VV RVG Nr. 7008; VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 4
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist und ob die in Spanien entstandene Umsatzsteuer zu erstatten ist.
Im Ausgangsverfahren 2 K 3197/15 stritten die Beteiligten über die Freistellung und Erstattung von Abzugsteuern vom Kapitalertrag gemäß § 50d Abs. 2 EStG. Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin war die A und B Partnerschaft. Unterzeichnet war die Klage von B sowie C. Die Prozessvollmacht lautete auf A und B Partnerschaft. Den dem Verfahren zu Grunde liegenden Antrag auf Erstattung von Abzugsteuern stellte 2012 die A und D & Co. KG für die Erinnerungsgegnerin. Unterzeichner des Antrags war Herr A. Verfahrensbevollmächtigte für das Einspruchsverfahren war wiederum die A und B Partnerschaft. Unterzeichner waren „B” und „A”.
Im Laufe des Klageverfahrens teilte Herr B mit, dass zukünftiger Schriftverkehr über die Kanzlei E Rechtsanwälte abgewickelt werden solle. Hintergrund sei, dass die bisherige Prozessbevollmächtigte, die A Partnerschaft mbB ihre Tätigkeit eingestellt habe. Das Mandat werde durch den Unterzeichner in neuer Kanzlei „fortgeführt”. Eingereicht wurde eine Vollmacht, mit welcher B unter dem Logo „E” mit der Verfahrensbetreuung beauftragt wurde.
Nach Verfahrensabschluss reichte die Erinnerungsgegnerin am 6.7.2018 einen Kostenfestsetzungsantrag ein, mit welchem sie eine 1,3 Geschäftsgebühr für das Vorverfahren sowie eine 1,6 Verfahrensgebühr für das Klageverfahren und Umsatzsteuer i.H.v. 19 % gemäß Nr. 7008 VV RVG i.H.v. 524,44 € in Ansatz brachte. Insgesamt beantragte die Erinnerungsgegnerin die Erstattung von 3284,64 €
Im Rahmen der Erörterung des Kostenfestsetzungsantrages trug der Erinnerungsführer vor, die ausgewiesene Umsatzsteuer könne nicht berücksichtigt werden, da die Erinnerungsgegnerin vorsteuerabzugsberechtigt sei. Weiterhin handele es sich bei der von dem Prozessbevollmächtigten erbrachten Leistung um eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG, so dass der Ort der Leistung in Spanien liege und deutsche Umsatzsteuer nicht entstanden sei. Eine Kostenerstattungspflicht bestehe nur für deutsche Umsatzsteuer, nicht für Umsatzsteuer aus anderen Staaten.
Die Erinnerungsgegnerin wies darauf hin, dass sie in Spanien nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, da sie eine Holdinggesellschaft sei. Daher sei die spanische Umsatzsteuer zu erstatten.
Daraufhin erließ die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 19.11.2018 einen Kostenfestsetzungsbeschluss, mit welchem sie erstattungsfähige Kosten i.H.v. 3339,84€ festsetzte. Zur Begründung führte sie aus, dass es für die Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen ausreichend sei, wenn der Antragsteller erkläre, dass er nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei. Darüber hinaus sei nach der Rechtsprechung des FG Köln auch im EU-Ausland zu zahlende Umsatzsteuer erstattungsfähig. Nr. 7008 VV RVG sei nicht auf die deutsche Umsatzsteuer begrenzt. Im Kostenfestsetzungsbeschluss wurde im Rahmen der Berechnung der erstattungsfähigen Kosten spanische Umsatzsteuer i.H.v. 21 % berücksichtigt.
Gegen den Beschluss wendet sich der Erinnerungsführer mit Erinnerung vom 30.11.2018.
Er trägt vor, dass die Erinnerungsgegnerin sowohl im Vorverfahren als auch im Klageverfahren durch den Rechtsanwalt B betreut worden sei. Daher sei gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV RVG die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Sowohl im Vorverfahren als auch im Klageverfahren sei die Erinnerungsgegnerin durch die A und B Partnerschaft vertreten worden. Erst am Ende des Verfahrens habe die Kanzlei ihre Tätigkeit eingestellt und B habe das Verfahren über die Kanzlei E fortgeführt. Daher sei eine hälftige Anrechnung i.H.v. 609,70 € vorzunehmen.
Die Umsatzsteuer sei nicht erstattungsfähig, da Nr. 7008 VV RVG ausdrücklich auf § 19 Abs. 1 UStG, also das deutsche Umsatzsteuerrecht, Bezug nehme. Hieraus ergebe sich, dass entsprechend der gesetzlichen Vorgaben nur deutsche Umsatzsteuer erstattungsfähig sei. Dies werde i...