Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen einer Erledigungsgebühr nur bei hinreichender Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (redaktionell)
1) Erledigt sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts, so erhält der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, eine volle Gebühr (§ 24 BRAGO). Erforderlich ist hierfür, dass der Bevollmächtigte eine über die allgemeine Prozessführung hinausgehende Mitwirkung beim Abschluss oder bei der Vorbereitung eines Vergleichs entfaltet hat.
2) Das kann in dem Unterbreiten eines Erledigungsvorschlags oder dem Einwirken des Bevollmächtigten auf eine dem Finanzamt vorgesetzte Behörde bestehen.
Normenkette
FGO § 139; BRAGO § 24
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Erledigungsgebühr entstanden ist.
Der Erinnerungsgegner, der bereits im Jahr 2001 an Herzkrankheit sowie an Depressionen litt, war als Arzt für Allgemeinmedizin tätig. Die ursprüngliche Bevollmächtigte hatte für ihn mit Schriftsatz vom 5. Februar 2001 im Verfahren 2 K 686/01 Klage erhoben wegen Einkommensteuer 1986 bis 1997 und Vermögensteuer 1986 bis 1996. Streitgegenstand waren Zuschätzungen von Kapitaleinkünften und freiberuflichen Einkünften im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung. Er war in dieser Sache am 13. November 1998 festgenommen worden. Die Untersuchungshaft dauerte bis zum 20. Oktober 1999 an. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde vom Landgericht der Stadt L im Juni 2001 wegen gesundheitsbedingter Verhandlungsunfähigkeit abgelehnt. Die von der Staatsanwaltschaft dagegen erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Der zuständige Berichterstatter führte am 20. und 27. September 2006 sowie am 7. März 2007 umfangreiche Beweistermine durch. Nach Durchführung der Beweisaufnahme kamen die Beteiligten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der den Zuschätzungen zugrunde liegende Verdacht des Erinnerungsführers, der Erinnerungsgegner habe nach seiner Pensionierung noch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bzw. Kapitaleinkünfte aus Luxemburg erzielt, trotz verbleibender Unklarheiten im Sachverhalt nicht habe erhärtet werden können. Der Erinnerungsführer habe weder die Erzielung zusätzlicher Einnahmen noch entsprechende Kapitalanlagen des Erinnerungsgegners nachweisen können. Vor dem Hintergrund eines inzwischen nicht mehr streitigen AfA-Abzugs, den der Erinnerungsgegner bereits vorher im Laufe des Verfahrens schriftsätzlich fallen gelassen hatte, schlug der Berichterstatter zur Erledigung des Rechtsstreits vor, dass der Erinnerungsführer sich zu einer Bescheidänderung dahin verpflichte, die Zuschätzungen von Kapitaleinkünften aus Luxemburg und von Einkünften aus fortgeführter selbstständiger Arbeit rückgängig zu machen. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls erklärten sich beide Beteiligten damit einverstanden und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluss vom 9. März 2007 wurden die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsgegner auferlegt; die Zuziehung eines Bevollmächtigten wurde für notwendig erklärt.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens streiten die Beteiligten darüber, ob auch eine – der Höhe nach unstreitige – Erledigungsgebühr von 7.646 EUR entstanden ist. Der Kostenbeamte hatte die dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. September 2007 auf 45.562,41 EUR festgesetzt und dabei – entsprechend dem Antrag des Bevollmächtigten des Erinnerungsgegners – auch eine Erledigungsgebühr berücksichtigt, weil die Einwirkung des Bevollmächtigten auf den Erinnerungsgegner nach Rücksprache mit dem zuständigen Berichterstatter nicht nur unwesentlich zur Erledigung beigetragen habe.
Der Erinnerungsführer ist dagegen der Ansicht, es fehle an der für die Entstehung einer Erledigungsgebühr erforderlichen Mitwirkung. Der Bevollmächtigte habe keine Tätigkeit entfaltet, die über die bereits mit der Prozess- oder Verhandlungsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgegangen sei. Der Erinnerungsführer habe die angefochtenen Bescheide antragsgemäß geändert, weil die Vertreter des Erinnerungsführers nach Durchführung der Beweisaufnahme in Übereinstimmung mit dem Berichterstatter zu dem Ergebnis gelangt seien, dass man die streitigen Zuschätzungen nicht halten könne. Daher habe man dem Vorschlag des Berichterstatters ohne weiteres zugestimmt.
Der Erinnerungsgegner trägt vor, es habe nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht allein in der Hand des Erinnerungsführers gelegen, der Klage abzuhelfen. Ohne Einwirkung durch die Bevollmächtigten hätte sich der Erinnerungsgegner nicht zur Abgabe einer Erledigungserklärung bereiterklärt und vor allem vor dem Hintergrund seiner unberechtigten Inhaftierung auf ein der Klage stattgebendes Urteil bestanden, welches nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ohne weiteres zu erwarten gewesen sei. Nur die Einwirkung des Bevollmächtigten habe den Kläger zur Abgabe der Erledigungserklärung veranlasst.
Ent...