Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Entstehung einer Erledigungsgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Die Einschränkung des ursprünglichen Klagebegehrens um mehr als 10 % kann lediglich ein Indiz für die Entstehung einer Erledigungsgebühr sein. Im Einzelfall müssen weitere Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine über die allgemeine Prozessführung hinausgehende zusätzliche Beratungsleistung des Bevollmächtigten bzw. ein besonderes Einwirken des Bevollmächtigten auf den Stpfl. hindeuten. Im zu entscheidenden Fall hat der Bevollmächtigte den Rechtsstreit nicht deshalb einer Erledigung zuführen können, weil er in besonderer Weise auf die Stpfl. eingewirkt hätte, sondern zu erkennen gegeben hat, dass eine Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Erinnerungsführers zu umfangreich erschien und daher eine Beschränkung der Ansprüche geboten sei.
Normenkette
Vergütungsverzeichnis zum RVG Nr. 1003 iVm Nr. 1002
Tatbestand
Die Beteiligten stritten ursprünglich unter dem Az. 2 K 886/16 im besonderen Vorsteuervergütungsverfahren über die Frage, ob die im Drittland ansässige Klägerin einen wirksamen Vergütungsantrag gestellt hatte. Streitig war, ob der Antrag vollständig ausgefüllt war, ob dem Antrag eine Anlage beigefügt war und inwieweit einzelne Rechnungsbelege hinsichtlich der Vorsteuern vergütungsfähig waren.
Am 08.11.2016 wies der Berichterstatter den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin darauf hin, dass das vollständige Ausfüllen des Antrags nicht zweifelhaft sein dürfte, streitig jedoch die Frage bleibe, ob dem Antrag eine Anlage beigefügt gewesen sei. Insoweit bedürfe es noch Ausführungen zu einer möglichen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Daraufhin teilte der Bevollmächtigte mit, dass für die Erstellung des Antrages eine sorgfältige Mitarbeiterin zuständig gewesen sei. Hinsichtlich der zahlreichen Rechnungsbeanstandungen des Erinnerungsführers sei eine Würdigung aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Man wäre daher mit der Vergütung der vom Erinnerungsführer als vergütungsfähig anerkannten Vorsteuern i.H.v. 4801,72 € einverstanden.
Eine solche Vergütung lehnte der Erinnerungsführer zunächst ab.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung verpflichtete sich der Erinnerungsführer, die Vorsteuern in dem von der Erinnerungsgegnerin skizzierten Umfang zu vergüten.
Mit Kostenfestsetzungsantrag am 05.04.2017 begehrte die Erinnerungsgegnerin unter anderem die Erstattung einer 1,0 Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV RVG in Höhe von 558,– €.
Hiergegen wandte der Erinnerungsführer ein, dass der Prozessbevollmächtigte keine über die übliche anwaltliche Tätigkeit hinausgehende Leistung erbracht hätte, die zur Erledigung geführt hätte.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte mit Beschluss vom 09.05.2017 die zu erstattenden Kosten i.H.v. 1332,50 € fest und berücksichtigte dabei eine Erledigungsgebühr wie beantragt.
Hiergegen wandte sich der Erinnerungsführer mit Erinnerung vom 18.05.2017. Er führt aus, dass für den Ansatz einer Erledigungsgebühr eine besondere, gerade zu einer außergerichtlichen Erledigung führende Tätigkeit vorliegen müsse. Die in der Vergangenheit vom früheren Kostensenat des Finanzgericht Köln vertretene Auffassung, eine Erledigungsgebühr sei auch dann anzusetzen, wenn das Klagebegehren um mehr als 10 % eingeschränkt werde, werde von anderen Finanzgerichten nicht geteilt. Eine Erledigungsgebühr sei danach immer nur dann anzusetzen, wenn zusätzliche Arbeit und Mühe des Bevollmächtigten zu der Erledigung geführt hätten. Im Streitfall habe sich der Prozessbevollmächtigte darauf beschränkt, lediglich die vom Erinnerungsführer nicht beanstandeten Rechnungen berücksichtigen lassen zu wollen, um sich eine weitere Überprüfung zu ersparen. Der Prozessbevollmächtigte habe daher nicht über das mit der Verfahrensgebühr bereits abgegoltene Maß an der Erledigung des Rechtsstreits mitgewirkt.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist begründet.
Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtswidrig und verletzt den Erinnerungsführer in seinen Rechten.
Eine Erledigungsgebühr ist nicht entstanden.
a. Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1002 VV RVG sieht die Entstehung einer Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Ebenso wie § 24 BRAGO erfordert Nr. 1002 VV RVG dabei eine anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung, die über die überzeugende Begründung sowie die allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit hinausgeht und auf eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12.02.2007 – III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109). Die Erledigungsgebühr ist keine reine Erfolgsgebühr für eine allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit, sondern eine besondere Tätigkeitsgebühr, die anlässlich einer ni...