Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme einer Hinterziehung bei vererbtem Vermögen aus einer Stiftung ausländischen Rechts (hier: Schweiz)
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Stiftung ausländischen Rechts ist nach dem Vorbehalt des ordre public gemäß Art. 6 EG BGB dann nicht anzuerkennen, wenn der Hauptzweck der Stiftung der Hinterziehung von deutschen Steuern dient.
2) Unter Durchbrechung des Trennungsprinzips ist das Stiftungsvermögen weiterhin dem Stiftungsgründer zuzurechnen.
Normenkette
AO § 370; EG BGB Art. 6; AO § 235
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Erbschaftsteuer nach dem Tod von Herrn A hinterzogen hat.
Durch Testament vom 22.05.2000, eröffnet durch das Amtsgericht O am ….2006 (Az.: 1/2006), setzte der Erblasser, Herr A, Frau G zur Alleinerbin ein. Zudem vermachte er der Klägerin – neben fünf weiteren Vermächtnisnehmern (Frau B, Frau C, Herr D, E und einer Universitätsbibliothek) – einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 DM (s. Erbschaftsteuerakte des Beklagten) und setzte sie zur Testamentsvollstreckerin ein. Die Klägerin und der Erblasser kannten sich aus ihrer gemeinsamen beruflichen Zeit bei der F und pflegten ein freundschaftliches Verhältnis. Bereits zu Lebzeiten des Erblassers besaß die Klägerin eine Betreuungsvollmacht für den Erblasser und erledigte vor seinem Tod auch seine Bankangelegenheiten in Bezug auf dessen Vermögen bei der M-Bank in der Schweiz. Die Klägerin selbst unterhielt ein eigenes Konto bei der M-Bank in der Schweiz.
Am … 2006 verstarb der Erblasser.
Nach Aufforderung des Beklagten reichte die Klägerin in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin am 17.01.2007 beim Beklagten eine Erbschaftsteuererklärung ein, die sie unter Mitwirkung eines steuerlichen Beraters angefertigt hatte. In der Erbschaftsteuererklärung erklärte sie unter „übriges Vermögen” die Wertpapierdepots bei der J-Bank in R, der K-Bank in R und der P-Bank in Höhe von insgesamt 400.114 €, sowie Guthaben bei Geldinstituten bei der J-Bank in R, der K-Bank in R, der P-Bank und der Q-Bank in R in Höhe von insgesamt 46.959 €. In den „Anlagen Erwerber zur Erbschaftsteuererklärung” führte die Klägerin weder in der sie betreffenden Anlage noch in den Anlagen der übrigen Erwerber unter „Sonstige Erwerbe” das Vermögen aus der U Stiftung auf.
Daraufhin erließ der Beklagte am 20.02.2007 (Fälligkeit 23.03.2007) einen an die Alleinerbin adressierten Erbschaftsteuerbescheid, mit dem er die Erbschaftsteuer auf 173.680 € festsetzte. An die Klägerin als Vermächtnisnehmerin erging wegen der geringen Höhe des Vermächtnisses von 10.000 DM (5.200 €) kein Erbschaftsteuerbescheid.
Im Jahr 2012 wurden der Steuerfahndung N Geschäftsunterlagen der M-Bank Schweiz mit Sitz in W zugänglich gemacht. Zu diesen Unterlagen zählten unter anderem Dokumente, die auf Vermögensanlagen des Erblassers über die in Y (USA) domizilierende U Stiftung im Wert von rund 920.000 Schweizer Franken hinwiesen. Dabei handelte es sich um eine Kopie bzw. einen Ausdruck eines Dokumentes der U Stiftung Y, in dem es heißt (s. Strafakte, Bl. 7 Az. Az.: 123/15 V):
„U Stiftung, Y
Herrn A, geboren 10.02.1913, ….., nachfolgend Erstbegünstigter genannt, steht zu seinem Art. 3
a) Der Stiftungsgenuss am Nettovermögen der Stiftung und dessen Ertrag steht zunächst mit jeweils einem Betrag von EUR 10.000,– zu
- Frau B…
- Frau C …
- Frau G …
- Herr D
b) Der Rest des nach Abzug der Beträge gemäss lit. a) verbleibenden Stiftungsvermögens und dessen Ertrag steht zu 100 % Frau X, geb. …., zu.”
Der Erblasser hatte die U Stiftung mit Sitz in Y anonym gegründet und die Erträge daraus zu Lebzeiten nicht versteuert.
Daraufhin leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T am ….2013 ein Strafverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung 2006 bis 2012 und des Verdachts der Erbschaftsteuerhinterziehung ein (s. Erbschaftsteuerakte des Bekl.). Nach einer Durchsuchung der Wohnräume der Klägerin stellte der Steuerfahndungsprüfer folgenden – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Sachverhalt fest: Nach dem Tod des Erblassers informierten Mitarbeiter der M-Bank telefonisch alle Begünstigten der U Stiftung. Daraufhin reiste die Klägerin gemeinsam mit der Alleinerbin, Frau G, kurz nach dem Tod des Erblassers in die Schweiz und ließ bereits am 18.08.2006 das nach Abzug der Verfügungen zugunsten der weiteren Nachbegünstigten in Höhe von insgesamt 40.000 € verbleibende Vermögen von 536.879,10 € auf ein eigenes Konto bei der M-Bank transferieren, das sie bereits seit einigen Jahren dort führte (s. Kontoauszug der M-Bank Kto-Nr. 1; Erbschaftsteuerakte des Bekl.).
Im Laufe der Steuerfahndungsprüfung reichte die Klägerin am 12.08.2014 eine Schenkungsteuererklärung beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T ein, in der sie eine auf den Todestag des Erblassers (….2006) ausgeführte Schenkung aus der U Stiftung in o.g. Höhe erklärte.
Der Steuerfahndungsprüfer vertrat in seinem Prüfungsbericht vom 27.04.2015 die Auffassung, dass die Kläge...