Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Ist eine der Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG – bei Erfüllung der personellen Voraussetzungen – erfüllt, besteht kein Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer bzw. Erteilung einer Freistellungsbescheinigung.
2) Gegen die Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
AEUV Art 63; EStG 2007 § 50d Abs. 3
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuern sowie auf den Erlass einer uneingeschränkten Freistellungsbescheinigung hat. Dabei ist insbesondere die Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG streitig.
Die Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft. Sie betreibt ein Netzwerk verschiedener in der Schweiz und dort ansässiger Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Dadurch wird den dem Verbund angeschlossenen Mitgliedern ermöglicht, einheitlich unter der Marke „A”, deren Inhaberin die Klägerin ist, am Markt aufzutreten. Es handelt sich hierbei um ein Franchisesystem. Hierdurch wird eine gesteigerte Konkurrenzfähigkeit bewirkt.
Im Rahmen des Franchisesystems erbringt die Klägerin folgende Leistungen: Gestattung der Nutzung der Marke „A” nebst A-Logo; Erstellung eines einheitlichen Internetauftritts, Entwurf einheitlicher Briefbögen, Schriftarten, Arbeitsordner und -blöcken; Organisation von Jahrestreffen und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen.
Der Abschluss des Franchisevertrages ist mit einer Beteiligung an der Klägerin verbunden. Folgende Anteilseigner waren an der Klägerin in den Streitjahren jeweils zu einem Anteil i.H.v. 25 % beteiligt:
A B AG (CH)
A C AG (CH)
A D AG (CH)
A GmbH (D), vormals E A GmbH.
Im Hinblick auf die Einzelheiten des Franchisevertrages zwischen der Klägerin und der A GmbH vom … Oktober 2005 wird auf diesen Vertrag Bezug genommen (Bl. 19 ff. der FG-Akte). Bezüglich der Einzelheiten des Aktionärsbindungsvertrages vom … Oktober 2005 wird auf diesen Vertrag Bezug genommen (Bl. 27 ff. der FG-Akte).
Die Klägerin erzielt Lizenzeinnahmen von den dem A-Verbund angeschlossenen Mitgliedern.
Ihre satzungsmäßige Sitzadresse teilt sich die Klägerin mietfrei mit der A B AG. Die Klägerin verfügt weder über eigenes Personal noch über eigene Bürotechnik oder Kommunikationsmittel. Sie erbringt ihre Tätigkeiten unter Nutzung der Ressourcen der A B AG sowie der anderen Mitglieder des Netzwerks.
In 2007 behielt die A GmbH mit Blick auf die an die Klägerin gezahlten Lizenzgebühren für 2006 und 2007 insgesamt Quellensteuern gemäß § 50a EStG i.H.v. 2.955,79 € ein und führte den Betrag mit Anmeldung vom 4. Juli 2007 an das zuständige Finanzamt F ab.
Die Klägerin beantragte am 10. März 2008 (Posteingangsdatum: 6. Mai 2008) beim Beklagten die Erstattung dieser für 2006 und 2007 gezahlten Quellensteuer (2.801,69 € Steuerabzug zzgl. 154,10 € SolZ) gemäß § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. Art. 12 DBA-CH. Außerdem beantragte sie am gleichen Tag den Erlass einer Freistellungsbescheinigung.
Mit Freistellungsbescheid vom 25. November 2008 gewährte der Beklagte die Erstattung nur zum Teil (i.H.v. 2.101,26 € Steuerabzug zzgl. 115,57 € SolZ = 2.216,83 € Gesamterstattung) und lehnte sie zu 25 % unter Hinweis auf § 50d Abs. 3 EStG und die Anteilseignerin A GmbH ab. Auch die Freistellungsbescheinigung wurde am 19. November 2008 für den Zeitraum vom 10. März 2008 bis zum 28. Februar 2011 nicht vollumfänglich gewährt, sondern zu 25 % und unter Hinweis auf § 50d Abs. 3 EStG und die Anteilseignerin A GmbH nicht erteilt.
Die gegen beide Bescheide fristgemäß eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2009 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer hiergegen fristgemäß erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass der Beklagte § 50d Abs. 3 EStG zu Unrecht anwende.
Es würden wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für ihre Einschaltung bestehen. Die inländische A GmbH mit Niederlassungen in F (D) und G (CH) sei dem A-Netzwerk zur Stärkung ihrer Wettbewerbsposition in 2005 beigetreten. Damals habe das A-Netzwerk Standorte in D (CH), C (CH) und B (CH) gehabt. Mit dem Beitritt zum A-Netzwerk sei die Mitgliedschaft im Q-Netzwerk (Q) verbunden. Die Q zähle zu den weltweit … größten Beraternetzwerken.
Ihre Errichtung in der Schweiz diene nicht ausschließlich steuerlichen Zwecken und stelle keine künstliche Gestaltung dar. Das A-Netzwerk sei auf Initiative von Herrn H begründet worden, der in der Schweiz in B ein Treuhandbüro betreibe (und in der Vergangenheit betrieben habe). Es sei zu erwähnen, dass der Begriff Treuhand in der Schweiz wie auch in Österreich der Oberbegriff für steuerberatende und wirtschaftsprüfende Tätigkeiten sei und sich nicht primär auf die Verwaltung von Fremdgeldern beziehe.
Die A GmbH als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verfolge seit 2005 wirtschaftlich die Strategie, durch Eintritt in bi- bzw. internationalen Netzwerke zu expandieren und international ...