Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit einer Krankenhaus-Tagegeldversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Unfall-Krankenhaus-Tagegeldversicherung fällt unter die Versicherungssteuerfreiheit.
2. Unter Krankheit wird ein anormaler Körper- oder Geisteszustand verstanden, der eine nicht unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen bewirkt.
3. Der Versicherungsschutz durch eine Krankenversicherung erstreckt sich auf die Behandlung von Krankheiten bzw. die Kompensation der durch Krankheit entstandenen Kosten, wobei stets auch eine Unfallkomponente umfasst ist. Insofern ist es gleichgültig, ob die Ursache für die Funktionsstörung eine Krankheit oder ein Unfall ist.
4. Sowohl die Krankenhaus-Tagegeldversicherung als auch die Krankheitskostenversicherung sind Personenversicherungen, die grundsätzlich versicherungssteuerfrei sind.
5. Die Gefahr, welche mit einer Unfall-Krankenhaus-Tagegeldversicherung abgesichert ist, ist der krankheits- oder unfallbedingte Aufenthalt im Krankenhaus.
Normenkette
VVG § 192; VersStG § 4 Nr. 5 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine Unfall-Krankenhaustagegeldversicherung als Zusatzabsicherung unter die Regelung über die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 5 VersStG fällt.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgericht Z unter HRB 1… eingetragene inländische Versicherungsgesellschaft in der Form eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Sie ist die Muttergesellschaft der Y Versicherungsgruppe. Bis 2008 betrieb die Klägerin selbst das Krankenversicherungsgeschäft, das seither im Wesentlichen durch die Y Krankenversicherung AG betrieben wird. Der wesentliche Anteil des Krankenversicherungsgeschäfts der Klägerin wurde im Jahre 2008 im Wege einer Bestandsübertragung und eines vollständigen Betriebsübergangs im Sinne von § 613a BGB an die Y Krankenversicherung AG übertragen. Seit dem … 2008 besitzt die Klägerin die aufsichtsrechtliche Zulassung ausschließlich für Krankenversicherungsprodukte. Aus (aufsichts-)rechtlichen Gründen hält die Klägerin auch nach der Übertragung des wesentlichen Vertragsbestandes weiterhin ein Krankenversicherungsprodukt in ihrem Bestand.
Konkret bot die Klägerin in Abstimmung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) allen Versicherungsnehmern, die bereits eine Krankenvollversicherung (Voll- und Zusatzversicherung) bei der Klägerin abgeschlossen hatten und die nach Durchführung der Umstrukturierung und Übertragung des Großteils des Krankenversicherungsgeschäfts Versicherungsnehmer der Y Krankenversicherung AG sein würden, den Abschluss der hier bezüglich der steuerrechtlichen Beurteilung im Streit stehenden Unfall-Krankenhaustagegeldversicherung (UKHTG) an. Die BaFin machte es seinerzeit zur Bedingung, dass das von der Klägerin angebotene Produkt einen eindeutigen Mehrwert für alle bestehenden Versicherungsnehmer bringen würde; dementsprechend musste jeder der damaligen Versicherungsnehmer der Klägerin die Chance haben, dieses zusätzliche Produkt zu erhalten. Daher wurde das Produkt der UKHTG den Versicherungsnehmern ohne zusätzliche Gesundheits-/Risikoprüfung angeboten. Ferner sollte ein Preisvorteil gegenüber dem normal buchbaren Tarif bestehen. Vor diesem Hintergrund erfolgte die Spezifizierung des Versicherungsprodukts auf den Unfall.
Nach dem hiernach angebotenen Tarif UKHTG ist der medizinisch indizierte Krankenhausaufenthalt, der in Folge eines Unfalls notwendig ist, versichert. Liegen die Voraussetzungen des Versicherungsfalls vor, leistet die Klägerin ein Krankenhaustagegeld von 10,00 bis 30,00 EUR pro Tag. Die monatlichen Krankenversicherungsbeiträge der Versicherungsnehmer liegen je nach Eintrittsalter und gewünschtem Leistungsumfang zwischen 0,30 und 9,00 EUR. Der günstige Tarif, der aus den vorgenannten Gründen ohne Gesundheitsprüfung angeboten wurde, bedingte seitens der Klägerin wirtschaftlich im Sinne des Kollektivs der Krankenversicherten eine Spezifikation vorliegend auf durch Unfall bedingte Krankenhausaufenthalte.
In § 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Unfall-Krankenhaustagegeldversicherung (AVB; vgl. Bl. 48 der Gerichtsakte –GA–) ist zum Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes geregelt:
„Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung einer versicherten Person wegen eines Unfalls oder wegen Unfallfolgen.
Ein Unfall im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
Im Versicherungsfall zahlt der Versicherer ein Krankenhaustagegeld. […]”
Gemäß § 3 der AVB ist die Auszahlung der Versicherungsleistungen wie folgt beschränkt:
„Der Versicherer leistet im Versicherungsfall (siehe § 1) nur bei Aufenthalten in Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und Krankengeschichten führen. Die Leistungspflicht des ...