rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz auf Lieferung von Multimediaboxen
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei der Multimediabox (Lehrbuch und Tonträger) handelt es sich um eine für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellung i. S. der Allgemeinen Vorschrift (AV) 3a Satz 2 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (KN).
2) Die Lieferung einer solchen Multimediabox unterliegt gemäß AV 3b KN insgesamt dem ermäßigten Steuersatz, wenn das Lehrbuch als charakterbestimmender Bestandteil anzusehen ist.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anl. Nr. 52; Kombinierte Nomenklatur AV 1; Kombinierte Nomenklatur AV 3; Kombinierte Nomenklatur AV 3b; Kombinierte Nomenklatur AV 6; UStG § 12 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob auf die Lieferung von Multimediaboxen der ermäßigte Steuersatz oder der Regelsteuersatz anzuwenden ist.
Die Klägerin ist eine GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Vertrieb von Sprachlehrmethoden. Im Streitjahr importierte sie von der französischen Muttergesellschaft … S.A. autodidaktische Sprachlehrkurse, bestehend aus einem Lehrbuch und einer Tonaufnahme (Audiokassette oder Audio-CD). Die Sprachkurse wurden im Groß- und Einzelhandel weiterveräußert. Dabei wurden sowohl einzelne Lehrbücher, einzelne Tonkassetten oder CD's als auch beide Produkte (Lehrbuch und Tonträger) zusammen als sog. Multimediabox veräußert. Im Streitjahr unterwarf die Klägerin die Umsätze aus dem Verkauf einzelner Tonträger dem Regelsteuersatz, die Lieferungen einzelner Bücher und der Multimediaboxen dem ermäßigten Steuersatz.
In der am 01.07.1996 begonnenen Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass mit dem Verkauf der Multimediaboxen zwei Lieferungen getätigt worden seien: Zum einen die Lieferung von Lehrbüchern, zum anderen eine Lieferung von Tonträgern. Der Beklagte erließ einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem er den geschätzten Anteil der Umsätze, die auf die gelieferten Tonträger entfielen, dem Regelsteuersatz unterwarf. Den Anteil der mit der Multimediabox erzielten Umsätze an den dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Umsätzen schätzte er anhand von ca. 2.300 Ausgangsrechnungen mit 70 v.H. Die Aufteilung der auf diese Weise ermittelten Umsätze in begünstigte und nicht begünstigte Umsätze erfolgte im Verhältnis der Einzelverkaufspreise (Bücher 20 v.H., Tonträger 80 v.H.).
Gegen den Änderungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie die Einordnung der Multimediaboxen als Warenzusammenstellung begehrte. Ihrer Auffassung nach sei der Steuersatz nach dem charakterbestimmenden Bestandteil der Lieferung – hier dem Lehrbuch – zu ermitteln, was sich aus dem BFH-Urteil vom 23.07.1998 VII R 36/97 (BStBl. II 1998, 739) ergebe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, es handele sich bei der Lieferung der Tonträger und der Lehrbücher um zwei getrennt zu behandelnde selbständige Einzellieferungen. Ein ermäßigter Steuersatz käme nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nur dann in Betracht, wenn der Gegenstand der Lieferung in dem maßgebenden Zolltarif aufgeführt sei. Für die Abgrenzung der Frage, ob eine Warenzusammenstellung oder mehrere Lieferungen vorlägen, seien die Erläuterungen zum Zolltarif heranzuziehen. Danach liege eine Warenzusammenstellung nicht vor, wenn bei der Lieferung mehrerer Gegenstände ein charakterbestimmender Teil nicht ermittelt werden könne. Dies sei bei Sprachlektionen, bestehend aus Lehrheften und Tonträgern, regelmäßig der Fall. Außerdem stehe einer gemeinsamen Einordnung der Gesamtware entgegen, dass nach der vorrangigen Regelung der Anm. 6 zu Kapitel 85 der Kombinierten Nomenklatur Gegenstände der Position 85.23 und 85.24 (Schallplatten und andere Aufzeichnungsträger) immer getrennt einzureihen seien. Das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil VII R 36/97 sei aufgrund des Nichtanwendungserlasses des BMF vom 06.01.1999 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.
Mit der am 10.08.1999 erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, Anm. 6 zu Kapital 85 der Kombinierten Nomenklatur sei nicht anwendbar, da die CD nicht mit einem Gerät, sondern mit einem Buch zusammengestellt worden sei. Desweiteren sei die Besteuerung der Lieferungen von Multimediaboxen mit dem ermäßigten Steuersatz in einer früheren Umsatzsteuersonderprüfung nicht beanstandet worden, so dass eine Abweichung hiervon gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13.07.1999 den Umsatzsteuerbescheid vom 03.12.1997 dahingehend zu ändern, dass auf die Lieferungen der Multimediaboxen der ermäßigte Steuersatz angewandt wird.
Der Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er vertritt die Auffassung, dass die 1989 im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung vertretene Rechtsauffassung nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung für das Streitjahr nicht relevant sei.
Im Übrigen verweist er auf seine Ausf...