Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerbefreiung bei einer Grundstücksübertragung auf eine Gesamthand, wenn im Einbringungszeitpunkt die Reduzierung der Beteiligung des Einbringenden geplant war. Kein rückwirkendes Ereignis bei nicht realisiertem Plan
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG liegen nicht vor, wenn der Einbringende entsprechend einem im Einbringungszeitpunkt bereits bestehenden Plan im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen übertragen bzw. sich durch eine beabsichtigte Neuaufnahme von Gesellschaftern die vermögensmäßige Beteiligung verringern soll.
2. Dem tatsächlichen Vollzug eines solchen Plans kommt keine eigene tatbestandsbegründende Bedeutung zu. § 5 Abs. 2 GrEStG kommt daher nicht zum Tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine geplante Kapitalerhöhung nicht platziert werden kann und sich die Beteiligung des Veräußerers an der erwerbenden Gesamthand daher nicht wie geplant verringert.
3. Voraussetzung für die Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist der Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses. Das Ausbleiben eines Ereignisses reicht hingegen nicht.
Normenkette
GrEStG 1997 § 5 Abs. 2; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 31.449,– EUR.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Änderung eines Grunderwerbsteuerbescheids und teilweise Steuerbefreiung hat.
Mit Kaufvertrag vom 19. Dezember 1996 erwarb die Klägerin zehn Wohnungseigentumseinheiten an einer noch zu errichtenden Wohnanlage auf einem Grundstück einer GmbH. Die GmbH war zu diesem Zeitpunkt zu 99 v.H. am Vermögen der GbR beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag war vorgesehen, dass weitere Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen werden sollten, bis sich das aus der Anlage 2 zum Gesellschaftsvertrag ergebende Gesellschaftskapital i.H.v. 5.201.380,– DM erreicht war. Dadurch hätte sich die Gesellschaftsbeteiligung des Grundstücksveräußerers an der GbR im Falle der Kapitalerhöhung auf 0,19 v.H. reduziert. Wegen der Einzelheiten der Regelungen im Gesellschaftsvertrag wird auf den Inhalt des gesamten Vertrages Bezug genommen.
Da die einbringende Gesellschafterin durch Eintritt weiterer Gesellschafter ihre Beteiligung planmäßig vermindern wollte, stand ihr nach Ansicht der Klägerin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der damals geltenden Fassung die nach seinem Wortlaut eigentlich zu gewährende Befreiung des Erwerbvorgangs zu 99 v.H. nicht zu. Diese Begünstigung wurde seinerzeit deshalb von der Klägerin als Erwerberin, die sich vertraglich verpflichtet hatte die Grunderwerbsteuer zu zahlen, nicht beantragt. Auch von Amts wegen wurde sie nicht gewährt.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte die Grunderwerbsteuer daher mit Bescheid vom 4. Juni 1997 auf 97.783,– DM fest.
Mit Vertrag vom 13. November 1988 wurde der Kaufvertrag hinsichtlich der Eigentumseinheiten Nr. 119, 120 und 121 aufgehoben. Unter Berücksichtigung der geänderten Bauausführung wurden die Eigentumseinheiten Nr. 7, 8, 12, 18, 114 und 115 Kaufgegenstand. Antragsgemäß geänderte Grunderwerbsteuerbescheide ergingen unter dem 5. Oktober 1999 bzw. 30. Dezember 1999. Mit dem zuletzt genannten Bescheid setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Grunderwerbsteuer auf 62.131,– DM (31.767,07 EUR) fest.
Die nach dem Kaufvertrag von der Verkäuferin zu errichtenden Gewerbe- bzw. Wohneinheiten wurden im Jahre 1998 fertiggestellt und der Klägerin übereignet. Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte durch Kreditaufnahme bei einer Bank. Die geplante Rückführung dieser Fremdfinanzierungsmittel durch das einzuwerbende Eigenkapital konnte nicht erfolgen, da eine Platzierung der geplanten Kapitalerhöhung nicht gelang. Mit Vertrag vom 30. Oktober 2003 wurden die Teileigentumsanteile veräußert, ohne dass zwischenzeitlich eine Veränderung der Gesellschaftsbeteiligung eingetreten war.
Mit Antrag vom 15. September 2004 beantragte die Klägerin, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 30. Dezember 1999 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die teilweise Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG bezogen auf 99 v.H. der Bemessungsgrundlage zu gewähren.
Das FA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 5. September 2005 mit der Begründung ab, ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO liege nicht vor. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin vom 12. Januar 2006 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung wies es darauf hin, hinsichtlich der Steuertatbestände des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG sei auf di...