Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Nachgehend
BFH (Urteil vom 01.03.2000; Aktenzeichen VI R 140/99) |
Tenor
Der Bescheid vom … über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … DM.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Festsetzung von Kindergeld für ihre Tochter … für die Monate September bis Dezember 1998. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes ausgezahlte Weihnachtsgeld den Einkünften des gesamten Kalenderjahres zuzuordnen ist.
Die Klägerin erhielt für ihre am … geborene Tochter … bis einschließlich August 1998 ein monatliches Kindergeld in Höhe von 220,00 DM. Die Tochter befindet sich seit dem 1. August 1997 in einem Ausbildungsverhältnis. Die monatliche Ausbildungsvergütung beträgt seit dem 1. August 1998 … DM und erhöht sich ab August 1999 auf … DM. Die Ausbildung ist voraussichtlich am 31. August 2000 beendet. Neben der Ausbildungsvergütung erhielt … im Juli 1998 Urlaubsgeld in Höhe von … DM und im November 1998 Weihnachtsgeld in Höhe von … DM. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld im Jahre 1999 beträgt voraussichtlich … DM.
Mit seinem Bescheid vom … hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für … mit Ablauf des Monats August 1998 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und setzte das Kindergeld auf 0,00 DM fest. Zur Begründung führte er an, daß … das 18. Lebensjahr im August 1998 vollende und das Einkommen des Kindes gemäß § 32 Abs. 4 EStG für die Monate September bis Dezember 1998 zu berücksichtigen sei. Da das Einkommen voraussichtlich den anteiligen Freibetrag von 4.120,00 DM (4/12 aus 12.360,00 DM) übersteige, sei … von einer Berücksichtigung bei der Festsetzung von Kindergeld ausgeschlossen. Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, daß das Weihnachtsgeld nur anteilig (4/12) den auf die Monate September bis Dezember 1998 entfallenden Einkünften zuzurechnen sei. Die anzurechnenden Einkünfte würden somit … DM betragen und unter der Einkommensgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG liegen.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 20. August 1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Einmalige Einkünfte wie das Weihnachtsgeld würden nicht gezwölftelt, sondern in voller Höhe dem Monat zugerechnet, in dem sie zugeflossen seien. Nach Abzug der anteiligen Werbungskostenpauschale in Höhe von … DM würden Einkünfte in Höhe von … DM verbleiben, die den hier maßgeblichen Grenzbetrag von 4.120,00 DM überstiegen.
Seit dem 1. Januar 1999 erhält die Klägerin wieder Kindergeld für …. Die Klägerin erhob am … Klage. Sie ist der Auffassung, daß das Weihnachtsgeld für das gesamte Kalenderjahr gezahlt werde und nicht in voller Höhe im Auszahlungsmonat angerechnet werden könne. Für die Festlegung der maßgeblichen Einkünfte müsse grundsätzlich das gesamte Kalenderjahr gesehen werden, um einen reellen Wert ermitteln zu können.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß das Weihnachtsgeld nach dem steuerlichen Zuflußprinzip in dem Zeitraum zuzurechnen sei, in dem es zur Auszahlung komme. Er verkenne nicht, daß es der Klägerin zum Nachteil gereiche, daß das Kind im Laufe des Jahres das 18. Lebensjahr vollendet habe. Obwohl es sich im gesamten Jahr in Ausbildung befunden habe, erfolge die Berücksichtigung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG nur für die Monate ab September 1998. Das Ergebnis sei Folge gesetzgeberischer Entscheidung, Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Die durch eine Stichtagsregelung bedingten Härten müßten in Kauf genommen werden.
Zur mündlichen Verhandlung ist der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Dem Gericht lag ein Band Kindergeldakten des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe
1.
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil der Beklagte ordnungsgemäß geladen war (§ 91 Abs 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–).
2.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für ihre Tochter ….
Gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG wird Kindergeld für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, gezahlt, wenn das Kind sich in der Ausbildung befindet und es eigene Einkünfte und Bezüge zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und der Berufsausbildung von nicht mehr als 12.360,00 DM im Kalenderjahr e...