Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Wohnsitzanfrage beim Einwohnermeldeamt
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Wohnsitzanfrage beim Einwohnermeldeamt unterbricht die Zahlungsverjährung, wenn die Anfrage nicht „ins Blaue hinein” erfolgt, sondern Wohnsitz und Aufenthaltsort dem Finanzamt unbekannt sind und der Steueranspruch bereits mangels Kenntnis des Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts des Steuerschuldners nicht realisiert werden kann.
2. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn der Steuerpflichtige zunächst die Einschaffung von Pfandsachen durch einen Wohnungswechsel vereitelt und sodann Zahlungsaufforderungen und eine Meldeamtsanfrage unter einer neuen Adresse erfolglos verlaufen, auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige Monate später unter dieser Adresse anmeldet. Denn die Zahlungsverjährung ist in diesem Fall entweder durch die erste Zahlungsaufforderung oder durch die Meldeamtsanfrage unterbrochen worden.
Normenkette
AO § 231 Abs. 1 S. 1
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgewiesen.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren unter dem Az. 5 K 4786/06, ob der Beklagte, das Zentralfinanzamt xxx, im Abrechnungsbescheid vom 29.07.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2006 zutreffend Säumniszuschläge von insgesamt 13.471,58 EUR ausgewiesen hat. Diese Säumniszuschläge gehören zu Einkommensteuern 1980 bis 1983 und Umsatzsteuern 1982 und 1983. Der Antragsteller trägt hierzu vor, diese Säumniszuschläge seien durch Zahlungsverjährung erloschen. Es hätten insbesondere nicht die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen vorgelegen, um durch bloße Anfragen beim Einwohnermeldeamt am 05.09.1989 und am 22.07.1994 jeweils eine neue Frist für die Zahlungsverjährung in Gang zu setzen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die zum Prozesskostenhilfeverfahren sowie zum Hauptsacheverfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 142 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll zwar nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dies an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist indes nur gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlich dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung zum Erfolg führen kann.
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten und damit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung zu tragen. Deshalb dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels keine zu großen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere dürfen im Prozesskostenhilfe-Verfahren keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Wenn auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, so sind gleichwohl für die Beurteilung der Erfolgsaussichten die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfe-Antrag maßgebend (vgl. z. B. Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 17.01.2006 VIII S 6/05, BFH/NV 2006, 801, m. w. N.).
b) Im Streitfall bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten im o. a. Sinne.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 24.11.1992 Folgendes ausgeführt (VII R 63/92, BStBl II 1993, 220, bestätigt in BFH-Urteil vom 08.11.1994 VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657):
„Nach § 231 Abs.1 Satz 1 AO 1977 wird die Verjährung unterbrochen durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, durch Zahlungsaufschub, durch Stundung, durch Aussetzung der Vollziehung, durch Sicherheitsleistung, durch Vollstreckungsaufschub, durch eine Vollstreckungsmaßnahme, durch Anmeldung im Konkurs und...