rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids wegen unbilliger Härte
Leitsatz (redaktionell)
Die Vollziehung eines Steuerbescheids stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn ein Erstattungsanspruch in gleicher Höhe besteht.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist für eine Verbrauchsteuervergütung wird nur durch einen auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck gestellten Vergütungsantrag unterbrochen.
Normenkette
FGO § 69; AO § 169 Abs. 2 S. 1, § 170 Abs. 1, § 171 Abs. 3, 3a; MinöStG § 2a Abs. 1; EnergieStG
Tenor
1. Die Vollziehung des Steuerbescheids vom 17. September 2007 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner (das Hauptzollamt – HZA) von der Antragstellerin Mineralöl- bzw. Energiesteuer anfordern durfte.
Das HZA setzte mit Steuerbescheid vom 17. September 2007 gegenüber der Antragstellerin Mineralöl- und Energiesteuer in Höhe von insgesamt 64.092 EUR fest, weil sie im Zeitraum vom 28. Juli bis 17. Oktober 2006 136.250 l Pflanzenöl aus den Niederlanden bezogen hat. Der Steuerbescheid enthielt den Hinweis, dass eine Steuerentlastung für Biokraft- und Heizstoffe auf Antrag nach § 50 Energiesteuergesetz (EnergieStG) gewährt werden könnte. Mit Schreiben vom 28. September 2007 legte die Antragstellerin gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und stellte einen formlosen Antrag auf Steuerentlastung nach § 50 EnergieStG. Daraufhin wies das HZA die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2007 auf die geltende Antragsfrist und die von ihr zu erbringenden Nachweise sowie darauf hin, wo sie die erforderlichen amtlichen Vordrucke für ihren Antrag nach § 50 EnergieStG im Internet finde.
Am 13. November 2007 wies das HZA die Antragstellerin nochmals auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Vergütungs- bzw. Entlastungsanträgen nach § 2a Abs. 1 Mineralölsteuergesetz (MinöStG) bzw. § 50 EnergieStG hin. Dem Schreiben war lt. Anlagenhinweis jeweils ein Vordruck 1100 Mineralölsteuer und 1100 Energiesteuer beigefügt.
Mit Schriftsatz vom 22. November 2007 beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids vom 17. September 2007. Dem Schriftsatz war ein Steuerentlastungsantrag nach § 50 EnergieStG (Formular 1100 Energiesteueranmeldungen) für 136.250 l Biokraft- und Heizstoffe beigefügt.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2007 lehnte das HZA diesen Antrag ab, weil die Antragstellerin den Nachweis der Biokraftstoffeigenschaft nicht erbracht habe. Hiergegen legte die Antragstellerin keinen förmlichen Einspruch ein. Am 27. Dezember 2007 ging beim HZA aber ein Entlastungsantrag auf dem Formular 1100 Energiesteueranmeldung für die streitgegenständliche Menge Pflanzenöl ein, dem die entsprechenden Nachweise beigefügt waren. Dieser Antrag ist jedoch nicht an der für die Antragstellerin vorgesehenen Stelle (Feld 6.), sondern im für die Bearbeitung durch das HZA vorgesehenen Feld Nr. 7 unterschrieben. Das HZA wies die Antragstellerin deshalb mit Schreiben vom 10. Januar 2008 daraufhin, dass es sich hierbei um keinen wirksamen Antrag nach § 50 EnergieStG handle.
Der daraufhin von der Antragstellerin am 21. Januar 2008 erneut gestellte Steuerentlastungsantrag wurde vom HZA mit Bescheid vom 11. Februar 2008 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist abgelehnt.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 hatte das HZA bereits den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids vom 17. September 2007 abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des Steuerbescheides vom 17. September 2007 wegen unbilliger Härte auszusetzen.
Das HZA beantragt, den Antrag abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte sowie die eingereichten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Nach Aktenlage bestehen zwar keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids vom 17. September 2007. Die Vollziehung ist jedoch wegen unbilliger Härte gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen, weil bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Steuerentlastung hat, der der Höhe der Steuerfestsetzung entspricht.
1. Die Vollziehung eines Steuerbescheids stellt nämlich auch dann eine unbillige Härte dar, wenn sie gegen Treu und Glauben verstößt, weil eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, indem eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzuerstatten wäre „dolo agit qui petit, quod statim rediturus est”). Eine Vollstreckung aus einem Steuerbescheid ist danach unbillig, wenn vollstreckt wird, obwohl das Erlangte alsbald zurückzugewähren ist (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluss vom 12. Juni 1991 VII B 66/91, BFH/NV 19...