rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
4-fache Wertgebühr bei Urteil aufgrund des Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens nach Klagerücknahme. Antrag auf Verfahrensfortsetzung als Rechtsbehelf bezüglich der kostenrechtlichen Nachforderungsfrist des § 20 Abs. 2 GKG
Leitsatz (redaktionell)
1. Bestreitet der Kläger nach einer Klagerücknahme die Wirksamkeit der Rücknahme, beantragt er die Fortsetzung des Verfahrens und entscheidet deswegen das FG durch ein Urteil, dass die Klage wirksam zurückgenommen worden ist, so ist beim Gerichtskostenansatz eine 4-fache Wertgebühr nach Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) anzusetzen. Insoweit ist nicht nur die ermäßigte, nur 2-fache Gebühr nach Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses anzusetzen.
2. Wurde im Jahr des Eingangs der Klagerücknahme bereits eine Schlusskostenrechnung unter Ansatz einer nur 2-fachen Wertgebühr erstellt, so stellt der Antrag auf Fortsetzung des Klageverfahrens einen „Rechtsbehelf” i. S. v. § 20 Abs. 2 GKG dar.
Normenkette
GKG § 3 Abs. 2; GKG Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2 – Kostenverzeichnis –) Nrn. 6110-6111; FGO § 72 Abs. 2 Sätze 2-3
Tenor
1. Die Kostenrechnung vom 27. März 2012 wird dahin gehend abgeändert, dass bereits bezahlte Gerichtsgebühren in Höhe von 244,50 EUR angerechnet werden, und eine Dokumentenpauschale in Höhe von 2,5 EUR berücksichtigt wird, so dass sich eine Nachzahlung in Höhe von 242 EUR ergibt.
2. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
3. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Der Erinnerungsführer erhob am 28. Oktober 2008 Klage wegen Kindergeld (Az. 10 K 3487/08); es ging dabei um eine finanzielle Auswirkung in Höhe von 4.928 EUR. Der Kostenbeamte setzte gegenüber dem Erinnerungsführer mit vorläufiger Kostenrechnung vom 5. November 2008 eine 4fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz in der Fassung ab dem 1. Juli 2004 (GKG) in Höhe von 220 EUR aus einem vorläufigen Streitwert von 1.000 EUR an; diese Rechnung bezahlte der Erinnerungsführer.
Im Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstandes vom 17. Februar 2010 nahm der Erinnerungsführer seine Klage zurück. Das Finanzgericht (FG) stellte mit Beschluss vom selben Tag das Verfahren ein. Mit Kostenrechnung vom 24. Februar 2010 setzte der Kostenbeamte eine 2fache Wertgebühr gemäß Nr. 6111 KV zum GKG aufgrund der Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Klage aus einem Streitwert von 4.928 EUR in Höhe von 242 EUR sowie eine Dokumentenpauschale gem. Nr. 9000 KV in Höhe von 2,50 EUR an; durch Verrechnung mit der vorläufigen Kostenrechnung ergab sich eine Nachzahlung von 24,50 EUR, welche der Erinnerungsführer bezahlte.
Im weiteren Verlauf zweifelte der Erinnerungsführer an, die Klage zurückgenommen zu haben. Daraufhin setzte das FG das Verfahren fort und stellte mit Urteil vom 24. November 2011 (Az. 10 K 581/11) fest, dass die Klage wirksam zurückgenommen ist; zugleich erlegte es dem Erinnerungsführer die Kosten des Verfahrens auf. Davor hatte das FG mit Beschluss vom 2. Mai 2011 den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Kostenbeamte setzte mit weiterer Kostenrechnung vom 27. März 2012 eine 4fache Wertgebühr gemäß Nr. 6110 KV zum GKG in Höhe von insgesamt 484 EUR aus einem Streitwert in Höhe von 4.928 EUR an; dabei wurden die Beträge, die der Erinnerungsführer aufgrund der zuvor ergangenen Kostenrechnungen bezahlt hatte, nicht angerechnet.
Gegen diese letzte Kostenrechnung legte der Erinnerungsführer Erinnerung ein. Zur Begründung führte er aus, er berufe sich auf seine Anträge auf Prozesskostenhilfe. Ferner habe er gegen den Berichterstatter im Verfahren 10 K 3487/08 eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben und ihn wegen „Willkürlichkeit und Voreingenommenheit” abgelehnt, „wozu es bis heute keine ausreichende Klärung” gebe.
Die Kostenstelle half der Erinnerung nicht ab.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung ist teilweise begründet.
1. Mit der Erinnerung gemäß § 66 GKG können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, d. h. gegen Ansatz und Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 25. Oktober 2005 IX E 4/05, BFH/NV 2006, 342, m. w. N.).
Soweit der Erinnerungsführer zur Begründung auf seine Dienstaufsichtsbeschwerde und auf ein Ablehnungsgesuch verweist, können diese Einwände im Rahmen der Erinnerung keinen Erfolg haben. Seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe lehnte das FG ab.
2. Der Ansatz einer 4fachen Wertgebühr ist nicht zu beanstanden.
a) Nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 6110 KV zum GKG ist bei Verfahren im Allgemeinen, soweit es sich nicht nach § 45 Abs. 3 FGO erledigt, eine 4fache Wertgebühr anzusetzen. Nr. 6111 KV zum GKG sieht vor, dass sich diese 4fache Wertgebühr u.a. bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung oder, wenn eine solche nicht stattfindet, vor Ablauf des Tages, an dem das Urteil oder d...