Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung für ein Sachvermächtnis aufgrund eines Erbvergleichs. Erbschaftsteuer
Tenor
1. Unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 9. Februar 1993 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. Januar 1994 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. September 1994 wird die Erbschaftsteuer auf 5.480 DM herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit die aufgrund eines Erbvergleichs gezahlte Abfindung für ein Sachvermächtnis steuerpflichtig ist.
I.
Der am 28. September 1988 verstorbene Erblasser … wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Nichte Frau … allein beerbt. Mit formungültigem (maschinengeschrieben!) Vermächtnis vom 27. September 1988 hatte der Erblasser die Klägerin für sein Anwesen … als Erbin eingesetzt, wovon er bereits der Klägerin am 30. August 1988 1/12-Miteigentumsanteil geschenkt hatte (140 % Einheitswert = 14.512 DM, s. Bl. 15/Erb). Der 140 %-ige Einheitswert-Anteil des Erblassers (11/12 von 174.160 DM) beträgt 159.646 DM. Der Erblasser hatte jedoch einen Tag zuvor mit formgültigem Vermächtnis vom 26. September 1988 (s. Bl. 6/FA-Akte) die Klägerin als „Erbin” für den Stehausschank und die Wohnung einer Frau … in seinem Anwesen … als Erbin eingesetzt.
Aufgrund dieser Anordnungen kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der Erbin, der durch den Vergleich vom 20. Juni 1991 vor dem Landgericht … (Az. …) beigelegt wurde. Aufgrund dieses Vergleichs (s. Bl. 19 ff/FA-Akte) erhielt die Klägerin für die Abgeltung ihrer Ansprüche auf das Anwesen … eine Abfindung in Höhe von 350.000 DM (s. Tz. 3 a) und das Nutzungsrecht, eine Wohnung unentgeltlich bis zum 30. September 1991 zu nutzen. Außerdem erhielt die Klägerin als Entgelt für die Übertragung ihres 1/12-Anteils an die Erbin 300.000 DM (Bl. 21/FA).
Mit Steuerbescheid vom 19. Februar 1993 (Bl. 38/FA-Akte) setzte der Beklagte (das Finanzamt) die Erbschaftsteuer aus einem Gesamterwerb von 361.805 DM (incl. der miterfaßten Vorschenkung von 1/12 des Einheitswerts = 14.512 DM) auf 129.168 DM in Steuerklasse IV fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Steuerbescheid vom 3. Januar 1994 setzte das Finanzamt aus anderen Gründen für einen Gesamterwerb von 353.241 DM die Erbschaftsteuer endgültig auf 126.072 DM fest. Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 30. September 1994).
Mit der Klage trägt die Klägerin vor, daß anstelle der durch den Vergleich erlangten Abfindung in Geld der Wert des strittigen Vermächtnisses in Höhe von 1/10 des Grundstücks (= 1/10 des Einheitswerts des Erblasseranwesen …) anzusetzen sei, weil der Erblasser ihr die Wohnung der Frau … und den Stehausschank mit Vermächtnis vom 26. September 1988 rechtswirksam vermacht habe und dies 1/10 des gesamten Gebäudes entspreche. Zwischen der Erblasserin und der Klägerin sei nie streitig gewesen, daß sie als solche einen Vermächtnisanspruch habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 9. Februar 1993 in Gestalt der EE vom 30. September 1994 bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer nur noch von einem Wert von 1/10 des Einheitswerts auszugehen.
Aufgrund des Erbvergleichs handle es sich bei der Klägerin um eine Vermächtnisnehmerin. Diese habe zur Abgeltung aller ihrer Ansprüche eine Zahlung in Höhe von 350.000 DM sowie das Nutzungsrecht, eine Wohnung in … unentgeltlich bis zum 30. September 1991 zu nutzen, erhalten. Nach dem Urteil des Finanzgerichts München (EFG 1989, 642) richte sich der Vermögensfall nach dem Inhalt der Vereinbarung, d. h. nach dem, was sie tatsächlich im Rahmen des Vergleichs erhalten habe, also eine Geldzahlung, nicht nach der von den einzelnen Erbprätendenten geltend gemachten strittigen Rechtsposition. Die Bewertung von Geldforderungen habe danach mit dem Nennwert zu erfolgen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Entgegen dem Urteil des Finanzgerichts München vom 15. Juni 1989 Az. 10 K 10022/85 (EFG 1989, 642) bestand im vorliegenden Fall kein Rechtsstreit wegen des Erbrechts als solchem. Bei Abschluß des Vergleichs war zwischen den Vergleichsparteien unstreitig, daß die Klägerin aufgrund des formwirksamen Vermächtnisses vom 26. September 1988 einen Anspruch gegen die Erbin hatte (s. Schreiben der Revisa vom 11. Januar 1990, Bl. 12/FA-Akte). Die rechtliche Ungewißheit bezog sich hier auf den Umfang des Anspruchs (Anspruch auf bestimmte Wohnungsteile des ungeteilten Mietwohngrundstückes, wovon 11/12 dem Erblasser zustanden). Da der Vergleich lediglich Zweifel hinsichtlich der Höhe dieses Vermächtnisses ausräumte, bleibt der Anspruch der Klägerin dem Grunde nach als Sachvermächtnisanspruch bestehen (s. auch Meincke, Anm. 27 zu § 3). Nur wenn auch das Erbrecht als solches ungewiß ist, bildet das aufgrund des Vergleichs Geleistete den Gegenstand des erbschaftsteuerlichen Erwerbs (s. BFH-Urteil vom 22. Novem...