Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Erbersatzansprüchen § 12 ErbStG. Erbschaftsteuer
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Besteuerung des Erbersatzanspruches eines nichtehelichen Kindes mit dem Nennwert verfassungsgemäß ist.
I.
Der am … 1986 in … verstorbene Erblasser … wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seinen beiden ehelichen Kindern beerbt. Seine beiden nichtehelichen Kinder, der Kläger und Frau … machten ihren Erbersatzanspruch geltend.
Das Vermögen des Erblassers bestand zum größten Teil aus Grundvermögen.
Der Erbersatzanspruch des Klägers betrug laut dessen Angaben in der Einkommensteuererklärung 1991: 1.200.000 DM.
Mit Steuerbescheid vom 15.12.1993 setzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Erbschaftsteuer wie folgt fest:
Gesamterwerb |
1.211.111 DM |
Freibetrag, § 16 Abs. 1 Nr. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) |
90.000 DM |
= |
1.121.100 DM |
Steuerklasse: I |
|
Steuersatz: 11 % von 1.121.100 DM |
123.321 DM |
Als Besteuerungsgrundlage wurde der Erbersatzanspruch in Höhe von 1.200.000 DM und Begünstigungen der … versicherung in Höhe von 11.111 DM angesetzt. Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 25. August 1994).
Mit der Klage trägt der Kläger vor, daß die Besteuerung seines Erbersatzanspruches mit dem Nennwert ihn verfassungswidrig gegenüber den ehelichen Kindern des Erblassers benachteilige, weil diesen die steuerlich niedrigere Bewertung der im Nachlaß befindlichen Grundstücke zugute komme. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 Grundgesetz (GG) dar. Zwar seien die erbrechtlichen Bestimmungen der §§ 1934 a ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verfassungsgemäß, verfassungswidrig seien jedoch die erbschaftsteuerlichen Auswirkungen. Außerdem würden im Beitrittsgebiet aufgrund des Einigungsvertrags nichteheliche Kinder besser gestellt als der Kläger, weil diesen ein Erbrecht zustehe und damit der Vorteil der niedrigeren Bewertung von Grundstücken im Nachlaß des Erblassers zugute komme. Diese Schlechterstellung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 (BStBl II 1995, 655, 671) könne nicht die ungleiche Besteuerung von ehelichen und nichtehelichen Kindern rechtfertigen.
Der Kläger beantragt, den Erbschaftsteuerbescheid vom 15. Dezember 1993 und die Einspruchsentscheidung vom 25. August 1994 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorzulegen oder die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen, falls das Gericht die Klage abweisen sollte.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Auf den Hinweis des Berichterstatters vom 28. August 1997 wird hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Unstreitig stellt der Erbersatzanspruch nach § 1934 a Abs. 1 BGB einen reinen Geldanspruch dar. Diese Einschränkung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder ist nach h.M. mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar (s. Palandt, BGB, 56. Aufl., § 1934 a Anm. 3, s.a. weitere Hinweise Münchener Kommentar, 2. Aufl., § 1934 a Anm. 6 Fußnote 4). Die Einräumung dieses Anspruchs genügt nach h.M. diesem Gebot, da der Anspruch wertmäßig dem Erbteil entspricht. Nach Auffassung des Senats darf bei Auslegung dieser Bestimmung nicht vergessen werden, daß bei Schaffung des Erbersatzanspruches erhebliche Widerstände, auch in der Volksmeinung zu überwinden waren, nachdem bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung am 1. Juli 1970 das nichteheliche Kind als mit seinem Vater nicht verwandt galt und keinerlei erbrechtliche Ansprüche gegen seinen Vater hatte (§ 1589 Abs. 2 BGB a.F.). Für die fragliche Zeit kann deshalb nach Auffassung des Senats die Verfassungsmäßigkeit dieser bürgerlich-rechtlichen Einschränkung der nichtehelichen Kinder deshalb bejaht werden (so auch Münchener Kommentar, a.a.O., § 1934 a Anm. 11 d, der diese Bestimmung als Kompromißlösung für gewisse Zeit bejaht). Daß es möglich ist, die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift für eine Übergangsphase noch zu bejahen, zeigt z. B. das Urteil des BVerfG vom 12. März 1975 (BVerfGE 39, 187 ff = NJW 1975, 919ff). Daß nunmehr ab 1998 dem nichtehelichen Kind durch das Erbrechtsgleichstellungsgesetz (s. dazu NJW 1993, 2465 ff sowie Palandt, a.a.O., § 1924 Anm. 13) erbrechtlich die gleiche Rechtsstellung eingeräumt werden soll (so der Gesetzesentwurf der Bundesregierung), beweist, daß gewisse Gleichstellungen erst gesellschaftspolitisch reifen müssen (s. z. B. auch der Ruf nach voller Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften).
Der Erwerb des Anspruchs ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Gemäß §§ 10, 12 Abs. 1 ErbStG ist er als Geldanspruch mit dem Nennwert zu versteuern wie andere Geldansprüche auch. Daß aufgrund seiner fehlenden dinglichen Beteiligung am Nachlaß der Kläger nicht in den Genuß der mit dem Einheitswert zu bewertenden Grundstücke kommt, ist wegen der damit verbundenen wesentlich höheren Besteuerung nach Auffassung des Senats gleichheitswidrig (...