Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsempfänger des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes. Rückforderungsanspruch der Familienkasse
Leitsatz (redaktionell)
Entfällt die Kindergeldberechtigung, kann der zunächst Berechtigte gegen den Rückforderungsanspruch der Familienkasse nicht einwenden, nicht er, sondern der Kontoinhaber sei Leistungsempfänger i. S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn er selbst die Familienkasse angewiesen hat, das Kindergeld auf das Konto dieses Dritten auszuzahlen.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist der Stiefvater des am 10.10.1997 geborenen M. Mit Formblattschreiben vom 27.01.2006 begehrte der Kl Kindergeld für M. Im Antrag gab er an, dass das Kindergeld auf das Konto seiner Ehefrau T (Eheschließung …10.2005, russische Staatsangehörige), der Mutter des M, ausgezahlt werden soll. Die Beklagte (die Familienkasse –FK–) gewährte antragsgemäß Kindergeld ab Oktober 2005 auf das angegebene Konto der Ehefrau. Im Rahmen der weiteren Leistungsgewährung ergaben die Ermittlungen der FK bei der zuständigen Meldebehörde, dass die Ehefrau des Kl von Amts wegen am 27.07.2006 nach Russland abgemeldet wurde. Der Kl hatte sich danach bereits zum 01.03.2006 an die neue Wohnanschrift L-Str. umgemeldet und galt seit diesem Zeitpunkt als getrennt lebend. Mit Bescheid vom 24.04.2007 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab März 2006 wegen fehlender Haushaltsaufnahme auf und forderte das bereits ausbezahlte Kindergeld für den Zeitraum von März 2006 bis Februar 2007 in Höhe von 1.848 EUR zurück.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 12.06.2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass das Kindergeld nicht auf das Konto des Kl, sondern das seiner Ehefrau gezahlt worden sei. Eine Überzahlung sei daher ausgeschlossen.
Der Kl beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 24.04.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2007 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Kindergeldanspruch des Kl aufgrund des Wegfalls der Haushaltsaufnahme entfallen sei. Die Ehefrau des Kl sei nicht selbst Leistungsempfängerin gewesen, da die FK an diese nur zur Erfüllung des Anspruchs des Kl gezahlt habe.
…
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 08. April 2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist unbegründet.
a) Die FK hat die Kindergeldfestsetzung zu Recht ab März 2006 aufgehoben.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht für Stiefkinder ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn sie der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Im vorliegenden Fall hat der Kl im Antrag auf Kindergeld vom 27.01.2006 sich selbst als Antragsteller und Kindergeldberechtigten angegeben und nicht seine Ehefrau. Da der Kl nicht leiblicher Vater des M ist, bestand eine Anspruchsberechtigung nur als Stiefvater. Anspruchsvoraussetzung ist in diesem Fall die Haushaltsaufnahme. Diese endete unstreitig im Februar 2006, da nur der Kl ab 01.03.2006 an eine neue Wohnanschrift umgemeldet war. Somit entfiel die Kindergeldberechtigung ab März 2006. Die FK war daher nach § 70 Abs. 2 EStG zur Aufhebung der Kindergeldfestsetzung berechtigt.
b) Die FK hat auch zu Recht das Kindergeld für den Zeitraum März 2006 bis Februar 2007 zurückgefordert.
aa) Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 S. 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 S. 2 AO). Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Kl ab März 2006 weggefallen.
bb) Ohne Erfolg wendet der Kl ein, das Kindergeld sei auf ein Konto überwiesen worden, über das im streitigen Zeitraum nur seine Ehefrau verfügen konnte. Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO sei deshalb nicht er, sondern seine Ehefrau. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an den Dritten zahlt (Urteil vom 16.03.2004 VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218 m.w.N.). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht ...