Entscheidungsstichwort (Thema)
„Betriebsstätte i.S.d. § 29 GewStG (Zerlegung)”. Zerlegung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge 1986 – 1988 (für Fa. A-Vertrieb)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Zerlegungsverfahren, ob die Klägerin die für den Beigeladenen zu 7 für die Jahre 1986-1988 festgesetzten Gewerbesteuermeßbeträge allein beanspruchen kann.
Klägerin ist die Stadt B. Der Beigeladene zu 7, M., erzielte in den Streitjahren als Inhaber der Firma A-Vertrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Firma führte in den Streitjahren sog. Kaffeefahrten durch. Zu diesem Zweck mietete der Unternehmer in den folgenden Gemeinden Gaststättenräume an und veräußerte dort durch selbständige Vertriebs-/Verkaufsleiter an die Teilnehmer der Verkaufsfahrten seine Waren:
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Zeiträume der Gewerbeanmeldungen bei den jeweiligen Gemeinden |
– … |
22.07.86–31.10.88 |
– … |
18.07.86–31.08.86 |
– … |
18.07.86–31.08.86 |
– … |
09.07.86–31.10.88 |
– … |
28.07.86–31.12.86 |
– … |
14.11.86–31.07.88 |
– … |
20.11.86–30.11.88 |
– … |
01.07.87–31.10.88 |
– … |
09.11.87–10.12.88 |
Teilweise wurden die Mietverträge schriftlich, teilweise mündlich abgeschlossen. Außerdem unterhielt M. dort jeweils auch ein Warenlager. Unter der angegebenen Adresse meldete er in den jeweiligen Gemeinden ein Gewerbe „Einzelhandel mit Textilien, Elektrogeräten und Haushaltsartikeln” als unselbständige Zweigstelle seines Betriebs an. Die Hauptniederlassung befand sich in B. Dort beschäftigte M. mehrere Angestellte. Auch in B. meldete er unter der Adresse verschiedener Gaststätten (…) eigene Zweigstellen bzw. selbständige Betriebe seiner Firma an. Teilweise bezeichnete er diese Betriebe in B. als Groß- und Einzelhandelsbetriebe.
Der Beklagte (Finanzamt –FA–) erließ für die Fa. M. erklärungsgemäß Bescheide über die Zerlegung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge für 1986 und 1987 vom 22.7.1988 und für 1988 vom 22.5.1989. Als Zerlegungsmaßstab wurde jeweils der Maßstab nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (zur Hälfte im Verhältnis der Löhne und zur Hälfte im Verhältnis der auf die einzelnen Betriebsstätten entfallenden Betriebseinnahmen) herangezogen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Zerlegungsbescheide Bezug genommen. Die in diesen Bescheiden zerlegten Gewerbesteuermeßbeträge waren in Gewerbesteuermeßbescheiden vom 22.7.1988 (1986), 20.6.1988 (1987) und 8.5.1989 (1988) bestandskräftig festgesetzt worden.
Im Einspruchsverfahren wurden die Beigeladenen zu 1–4 und 7–9 zum Verfahren hinzugezogen. Den Einspruch begründete die Klin damit, daß nach der Art des Geschäftsbetriebs des Beigeladenen zu 7 eine Betriebsstätte in den jeweiligen Gemeinden außerhalb B. nicht angenommen werden könne. Insoweit hätten lediglich Wanderlager i. S. des § 56 a GewO vorgelegen, für die eine Zerlegung gem. § 35 Abs. 2 GewStDV nicht in Betracht komme. Außerdem sei kein Wareneinzelhandelsunternehmen betrieben worden. Falls Betriebsstätten anzunehmen seien, hätte jedenfalls eine Zerlegung gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nur nach Arbeitslöhnen vorgenommen werden müssen. Nachdem die Beigeladenen zu 1–6 und 9 schriftlich bestätigt hatten, daß ihrer Ansicht nach Betriebsstätten in ihren Gemeinden vorgelegen hätten, hielt der Beklagte an der durchgeführten Zerlegung fest. Auf die jeweiligen Bestätigungsschreiben der betreffenden Gemeinden wird Bezug genommen. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 22.1.1996).
Mit der Klage wird vorgetragen, daß zwar hinsichtlich der in den einzelnen Gemeinden unterhaltenen Warenlager Betriebsstätten anzunehmen seien. Auch ein Wareneinzelhandel des M. werde nunmehr akzeptiert. Hinsichtlich der angemieteten Gaststättenräume, in denen M. seine Geschäfte abgewickelt habe, sei eine Betriebsstätte aber zu verneinen. Insoweit fehle es an der erforderlichen dauerhaften Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten. Dies zeige sich z. B. daran, daß M. während der Veranstaltungen das Hausrecht nicht habe ausüben können. Außerdem habe sich M. wegen der Termine mit den Wirten jeweils abzusprechen gehabt. Aus diesem Grunde sei ihm eine ungestörte Ausübung seines Gewerbes in den kurzzeitig angemieteten Räumlichkeiten nicht möglich gewesen, was jedoch für die Annahme einer Betriebsstätte ebenfalls erforderlich sei.
Aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG folge, daß nur diejenigen Betriebseinnahmen zur Aufteilung herangezogen werden dürften, die „in” den Betriebsstätten erzielt worden seien. Da die Betriebseinnahmen jedoch in den Räumen der Gaststätte (keine Betriebsstätte) und nicht in den Warenlagern (Betriebsstätte) erzielt worden seien, seien sie für die Zerlegung unberücksichtigt zu lassen. Ein Fall des § 33 GewStG liege ebenfalls nicht vor.
Die Klin beantragt,
die Zerlegungsbescheide 1986 und 1987 vom 22.7.1986 und 1988 vom 22.5.1989 in Gestalt der EE vom 22.1.1996 in der Weise zu ändern, daß die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge der Jahre 1986–1988 in voller Höhe der Klin zugewiesen werde...