Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuer
Nachgehend
Tenor
1. Die Schenkungsteuerbescheide vom 7. Mai 1992 und vom 8. März 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19. Juli 1993 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Gegenleistung für einen schuldrechtlichen Pflichtteilsverzicht zwischen künftigen gesetzlichen Erben eine freigebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) vom Bruder oder eine Abfindung für einen Erbverzicht gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG ist und damit ein Erwerb von der Erblasserin.
I.
Mit notariellem „Pflichtteilsverzichtsvertrag vom …” 1990 (URNr. … Bl. 3 ff FA-Akten) zwischen künftigen gesetzlichen Erben, dem Bruder des Klägers … und dem Kläger, verpflichtete sich der Bruder des Klägers, an den Kläger einen Betrag von 130.000 DM innerhalb von drei Wochen nach Beurkundung sowie einen weiteren Betrag von 130.000 DM innerhalb von sechs Wochen nach dem Tode der gemeinsamen Mutter zu zahlen, als Gegenleistung dafür, daß der Kläger ihm gegenüber auf seine „sämtlichen etwaigen ihm am Nachlaß der Mutter zustehenden gesetzlichen Pflichtteilsansprüche einschließlich Pflichtteilsergänzungsansprüche” verzichtete. Am … 1991 verstarb die Erblasserin, woraufhin der Bruder dem Kläger die restlichen 130.000 DM zahlte. Die Mutter der Brüder hatte zuvor ihr Grundstück in … gegen Bestellung eines Leibgedins an ihren Sohn … übertragen. Weitere gesetzliche Erben waren nicht vorhanden.
Die vom Finanzamt an den Kläger gesandte Schenkungsteuererklärung für den Erwerb zu Lebzeiten der Erblasserin sandte dieser unausgefüllt zurück mit Schreiben vom … 1992, da er „nur den Pflichtteil seines Erbes” erhalten habe (Bl. 9/FA).
Mit Schenkungsteuerbescheid vom 7. Mai 1992 setzte das Finanzamt gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 18.600 DM fest, wobei es von einer freigebigen Zuwendung des Bruders ausging.
Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 19. Juli 1993, Bl. 72 FA). Während des Einspruchsverfahrens setzte das Finanzamt wegen der nach dem Tod der Erblasserin im November 1991 erhaltenen restlichen 130.000 DM mit Bescheid vom 8. März 1993 (unter Einbeziehung der vorherigen Zuwendung von 130.000 DM) weitere Schenkungsteuer in Höhe von 31.400 DM (unter Anrechnung von 18.600 DM gemäß § 14 ErbStG) fest. Der Einspruch dagegen blieb ebenfalls erfolglos (s. gesonderte EE vom 19. Juli 1993 (Bl. 24 ff/FA-Akte 2. Teil)).
Mit der Klage trägt der Kläger vor, daß auslösendes Moment für den Vertragsabschluß der Umstand gewesen sei, daß kurz zuvor sein Bruder bereits das gesamte Vermögen (Grundbesitz) von der schwer erkrankten Mutter erhalten habe. Es fehle an einer freigebigen Zuwendung seines Bruders, da er als Gegenleistung für die 260.000 DM auf seine Pflichtteilsansprüche, einschließlich des aufgrund der vorherigen Schenkung seiner Mutter an den Bruder aufschiebend bedingten Pflichtteilsergänzungsanspruches, verzichtet habe und diese unstreitig dem Wert der Gegenleistung entsprochen hätten. Die Abtretung seiner Ansprüche sei bereits zu Lebzeiten gemäß § 312 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) möglich gewesen, weil er und sein Bruder die künftigen gesetzlichen Erben gewesen seien und es nach § 398 BGB eines späteren Vollzugs nicht mehr bedurft habe. Der Erwerb sei auch nicht auf Kosten des Bruders erfolgt, da dieser nur den gegen ihn bestehenden aufschiebend bedingten Ausgleichsanspruch nach § 2329 BGB vorzeitig abgelöst bzw. die gegen ihn bestehenden Pflichtteilsansprüche vorzeitig erfüllt habe.
Eine freigebige Zuwendung läge nur im Verhältnis zu seiner Mutter vor, da er eine Abfindung für einen Pflichtteilsanspruch im Fall ihres Todes erhalten habe, der gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG als von der Erblasserin stammend zu besteuern sei, jedoch nicht in diesem Verfahren.
Der Kläger beantragt, die Schenkungsteuerbescheide vom … 1992 und vom … 1993 in Gestalt der jeweils dazu ergangenen EE vom 19. Juli 1993 aufzuheben, hilfsweise die Revision zum BFH zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung, hilfsweise die Revision zum BFH zuzulassen. Eine freigebige Zuwendung des Bruders an den Kläger liege vor.
Am 7. Juli 1997 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung des Bruders an den Kläger liegt weder nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG oder nach § 7 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG noch nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor.
1. Eine steuerpflichtige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG (Abfindung für Erbverzicht)...