Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschriftswidrige Einfuhr von Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei vorschriftswidriger Einfuhr von Zigaretten über einen anderen Mitgliedstaat nach Deutschland entstehen sowohl Zoll und Einfuhrumsatzsteuer als Einfuhrabgaben als auch die Tabaksteuer als nationale Verbrauchsteuer.
2. Die deutschen Zollbehörden sind auch für die Erhebung der im anderen Mitgliedstaat entstandenen Einfuhrabgaben zuständig, wenn die Abgabenschuld weniger als 5.000,– EUR beträgt.
Normenkette
ZK Art. 40, 202 Abs. 1, 3, Art. 215 Abs. 1, 4; VO Nr. 918/83 Art. 45, 46 Abs. 1, Art. 131; TabStG §§ 12, 19, 20 Abs. 2 Nr. 5; RL Nr. 92/12 Art. 6 Abs. 1 Buchst. c
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger zu Recht als Schuldner von Einfuhrabgaben und Tabaksteuer in Anspruch genommen wurde.
Am 28. Februar 2008 wurden von der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit anderweitigen Ermittlungen im Pkw des Klägers 4 Stangen und 32 Päckchen Zigaretten ohne Steuerbanderolen aufgefunden. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 28. Februar und 3. März 2008 wurden weitere 42 Stangen und 7 Päckchen Zigaretten mit moldawischen und russischen Steuerbanderolen vorgefunden.
Bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 28. Februar 2008 gab der Kläger lt. – von ihm nicht unterschriebenem – Protokoll an, dass er die in seiner Wohnung vorgefundenen Zigaretten in der Ukraine gekauft habe.
Der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA) setzte deshalb gegenüber dem Kläger mit Steuerbescheid vom 15. Oktober 2008 Einfuhrabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer) und Tabaksteuer in Höhe von insgesamt 1.865,54 EUR für 9.863 Stück Zigaretten fest, weil er diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt und anschließend in das deutsche Steuergebiet verbracht habe. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2009 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage bringt der Kläger lediglich vor, dass er bestreite, die Zigaretten in der Ukraine gekauft und in das Steuergebiet eingeführt zu haben. Er habe diesbezüglich nie eine Erklärung abgegeben oder unterschrieben. Alle Zigaretten hätten eine Steuerbanderole gehabt.
Der Kläger beantragt, den Steuerbescheid vom 15. Oktober 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2009 aufzuheben.
Das HZA beantragt, die Klage abzuweisen
und nimmt hierzu auf die Einspruchsentscheidung Bezug. Ergänzend bringt es Folgendes vor:
Selbst wenn die Zigaretten nicht vom Kläger selbst, sondern von Dritten in das Zollgebiet der Gemeinschaft und anschließend nach Deutschland verbracht worden wären, wären hierfür die Einfuhrabgaben und Tabaksteuer entstanden und der Kläger hinsichtlich der Einfuhrabgaben weiterer Zollschuldner nach Art. 203 Abs. 3 Anstrich 3 Zollkodex (ZK) und Haftungsschuldner nach § 71 Abgabenordnung hinsichtlich der Tabaksteuer geworden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Hauptzollamts und die eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 9. März 2010 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat mit Steuerbescheid vom 15. Oktober 2008 zu Recht sowohl Zoll und Einfuhrumsatzsteuer als Einfuhrabgaben als auch Tabaksteuer gegenüber dem Kläger festgesetzt.
1. Für die Zigaretten, die keine bzw. moldawische oder russische Steuerbanderolen hatten, sind Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK i.V.m. § 13 Abs. 2 und § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) entstanden.
a) Diese sind ohne Gestellung nach Art. 40 ZK in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden. Der Kläger ist gemäß Art. 202 Abs. 3 ZK i.V.m. § 13a Abs. 2 und § 21 Abs. 2 UStG Schuldner der Einfuhrabgaben geworden, weil er die Zigaretten entweder selbst vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat (Art. 202 Abs. 3 Anstrich 1 ZK) oder diese erworben bzw. in Besitz gehabt hat, obwohl er im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden waren (Art. 202 Abs. 3 Anstrich 3 ZK).
b) Die Zigaretten sind auch nicht gemäß Art. 45, 46 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen – ZollbefreiungsVO – (ABl. EG Nr. L 105 S. 1 vom 28. März 1983) und § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Einreisefreimengenverordnung – jeweils in der bis 30. November 2008 geltenden Fassung – frei von Einfuhrabgaben gewesen.
Danach sind 200 Stück Zigaretten, die im persönlichen Gepäck von Reisenden eingeführt werden einfuhrabgabenfrei, sofern es sich um eine Einfuhr ohne kommerziellen Charakter handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Denn selbst wenn der Kläger von ...