Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldübernahme als Entgelt für Zuwendung unter Lebenden oder als Gegenleistung für spätere vorweggenommene Erbfolge
Leitsatz (amtlich)
Erwartete Gegenleistungen können kausal mit der Übergabe von Vermögen verknüpft sein, wenn sie zur Geschäftsgrundlage wurden.
Normenkette
ErbStG § 7
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Übernahme von Schulden eine freigebige Zuwendung oder aber Gegenleistung für eine spätere vorweggenommene Erbfolge war.
Mit nicht datiertem Pachtvertrag (Bl. 20 FA-Akte I) verpachtete die Klägerin ihren Gewerbebetrieb für 2.000 DM monatlich an ihren Sohn ab 1.1.1988 zunächst auf die Dauer von fünf Jahren mit Verlängerungsklausel. Inventar und Vorräte wurden vom Sohn käuflich erworben. In Tz. 3 des Vertrags ist bestimmt, daß das Pachtverhältnis spätestens dann vollständig aufgelöst werde, wenn die Klägerin das gesamte Anwesen übergebe. Diese Übergabe erfolgte am 15.12.1993 zum 1.1.1994.
Mit „Schuldübernahme” vom 25.1.1988 (Bl. 16 FA-Akte I) übernahmen der Sohn und seine Ehefrau eine Darlehensschuld der Mutter in Höhe von 126.500 DM sowie einen Kontokorrentkredit in Höhe von 4.737 DM als persönliche Schuldner. Die Schuldübernahme wurde von der kreditgebenden Sparkasse genehmigt.
Der Beklagte (Finanzamt = FA) erlangte von diesen Vorgängen im März 1994 anläßlich einer betriebsnahen Veranlagung Kenntnis. Es vertrat die Auffassung, die Schuldübernahme durch den Sohn und dessen Ehefrau stelle eine freigebige Zuwendung dar.
Mit Bescheiden vom 14.5.1997 (Bl. 54 FA-Akte I und Bl. 1 FA-Akte II), zugleich Änderung des Bescheids vom 7.8.1996 (Bl. 43 FA-Akte I), setzte das FA gegen die Klägerin für die Erwerbe von Sohn und dessen Ehefrau Schenkungsteuer in Höhe von je 6.950 DM fest. Mit ihren Einsprüchen machte die Klägerin geltend, daß kein Wille zur Unentgeltlichkeit vorgelegen habe, weil der Schenker der Meinung gewesen sei, er handele in Erfüllung einer rechtlichen Verbindlichkeit. Die Schuldübernahme sei im Rahmen der inzwischen erfolgten vorweggenommenen Erbfolge erfolgt. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 3.12.1997 (Bl. 6 FA-Akte I) wird vorab Bezug genommen.
Das FA führte aus, der objektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung unter Lebenden sei erfüllt. Die Zuwendung sei weder von einer Gegenleistung abhängig gewesen, noch habe die Klägerin einen Rechtsanspruch auf die Zuwendung gehabt. Auch der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei erfüllt. Ein Irrtum des Schenkers sei insoweit unbeachtlich, da er den Maßstäben des allgemeinen Verkehrsüblichen widerspreche. Schon aufgrund der Pachtdauer von fünf Jahren hätten sich die Zuwendenden bewußt sein müssen, daß sie zur Zuwendung rechtlich nicht verpflichtet gewesen seien. Hinsichtlich der Ehefrau des Sohnes müsse zudem berücksichtigt werden, daß diese nach der Lebenserfahrung nicht habe davon ausgehen können, bei der späteren Betriebsübergabe an den Sohn ebenfalls bedacht zu werden.
Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin sinngemäß, die Schenkungsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Sie hält daran fest, daß die Schuldübernahme im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich vollzogenen vorweggenommenen Erbfolge zu sehen sei. Dies sei der Wille aller Beteiligten gewesen, weil der Sohn immer als Betriebsnachfolger vorgesehen gewesen sei. Eine Schenkung sei von den Beteiligten nicht gewollt gewesen.
Das FA beantragt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.
Der Senat hielt es für angebracht, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
II.
Die Klage ist begründet.
In der Streitsache liegen keine unentgeltlichen freigebigen Zuwendungen vor, die Schuldübernahmen sind vielmehr als entgeltliche Leistungen zu betrachten.
Zwar sind bloße Erwartungen noch nicht als Gegenleistung im schenkungsteuerrechtlichen Sinn zu werten. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erwartung eines künftigen Vorteils bereits im Zeitpunkt der Vermögenshingabe hinreichend konkretisiert ist (vgl. Troll, Kommentar zum ErbStG, Anm. 27 zu § 7 sowie BFH-Urteil vom 29.10.1997 II R 60/94, BStBl II 1997, 832 zum fehlenden Willen zur Unentgeltlichkeit bei Geschäftsbeziehungen). Erwartete Gegenleistungen können dann rechtserheblich sein, wenn sie kausal mit der Vermögenshingabe verknüpft sind und die Erwartung auch für den Bedachten klar erkennbar war und damit zur Geschäftsgrundlage geworden ist.
Daß diese Voraussetzung in der Streitsache erfüllt ist, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des unbestrittenen Vortrags der Klägerin und vor allem auch aufgrund des Inhalts des Pachtvertrages fest, wonach dieser längstens bis zur beabsichtigten Betriebsübergabe gelten sollte. Hinzu kommt, daß nach der Lebenserfahrung im allgemeinen unentgeltliche Zuwendungen von den Eltern auf ihre Kinder erfolgen, nicht aber von den als Erben und Betriebsübernehmer vorgesehenen Kindern auf die Eltern.
Die Anerkennung einer Gegenleistung im schenkungsteuerrechtlichen Sinn erfordert im Gegensatz zur ...