Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorkosten § 10 e Abs. 6 EStG nicht ohne tatsächliche Selbstnutzung. Einkommensteuer 1990 und 1992
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Vorkosten auch dann in Abzug gebracht werden können, wenn die Absicht der Selbstnutzung später aufgegeben wird.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Von Beruf ist der Kl G., die Klägerin (Klin) Ä. Sie haben 3 Kinder. Mit Vertrag vom 20.11.1990 erwarben die Kl ein unbebautes Grundstück in M., L. zstraße 19, und bebauten es mit einer Doppelhaushälfte. Baubeginn war im April 1992. Fertiggestellt wurde das Haus Ende 1993 bzw. Anfang 1994. Zunächst – jedenfalls bis Ende 1992 – hatten die Kl die Absicht, mit ihren Kindern selbst in das Haus einziehen. In einem neuen Klageverfahren 1 K 774/94 machen die Kl Aufwendungen für 1993 als vorab entstandene Werbungskosten geltend mit der Begründung, sie hätten ab Anfang 1993 – vergeblich – versucht, das Gebäude zu vermieten. Tatsächlich wurde das Gebäude zu keinem Zeitpunkt durch die Kl selbstgenutzt oder vermietet. Es wurde vielmehr nach Fertigstellung veräußert. Der Erlös lag unter den Gestehungskosten.
Im Zuge der Wiedervereinigung hatte sich der Kl um eine … stelle an der TU (…) in F. in Sachsen beworben. Im Falle einer erfolgreichen Bewerbung hatten die Kl anfangs die Vorstellung, daß der Kl während der Woche in F. arbeiten und an den Wochenenden jeweils nach M. zurückkehren sollte. Als sich Ende des Jahres 1992 abzeichnete, daß der Kl den Ruf für die Professur erhalten würde – die schriftliche Zusage erfolgte mit Schreiben vom 18.12.1992, die Stelle wurde zum 1.5.1993 angetreten –, gaben die Kl ihre Absicht der Selbstnutzung des Hauses in der L. … straße 19 auf und erwarben in Sachsen ein neues Objekt. Mit Schreiben vom 19.7.1994 teilten sie dem Beklagten (Finanzamt –FA–) mit, daß sie im Herbst 1994 dort einziehen wollten.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1990 machten die Kl Vorkosten gem. § 10 e Abs. 6 EStG in Höhe von insgesamt 31.253 DM (Schuldzinsen 8.964 DM, Gebühren usw. 2.289 DM, Maklerprovision 20.000 DM) geltend. Ebenso beantragten sie für die Jahre 1991 (69.420 DM) und 1992 (56.278 DM) den Abzug von Vorkosten. Wegen der fehlenden Selbstnutzung ließ das FA den Abzug der Vorkosten nicht zu. In den Einkommensteuerbescheiden 1990–1992 vom 13.4.1995 erkannte es im Hinblick auf die geplante Nutzung des Hobbyraums im Keller als Arbeitszimmer lediglich einen Teil der geltend gemachten Aufwendungen (1990: 11.253 DM × 7 % = 788 DM; 1991: 54.144,89 DM × 7 % = 3.790 DM; 1992: 56.228 DM × 7 % = 3.836 DM) als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit an. Den Abzug eines weiteren Teils der als Vorkosten geltend gemachten Aufwendungen als vorweggenommene vergebliche Werbungskosten im Hinblick auf eine angeblich geplante Vermietung einzelner Räume im Dachgeschoß an eine GmbH, an welcher der Kl beteiligt war, lehnte es dagegen ab (siehe Schreiben vom 10.1.1995, Einkommensteuer-Akte 1992, Bl 99 ff – dieser Abzug wird im Klageverfahren nicht weiter verfolgt).
Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 7.4.1995).
Mit der Klage wird vorgetragen, daß die Vorschrift des § 10 e Abs. 6 EStG unabhängig von der Grundförderung des § 10 e Ab. 1–5 EStG einen eigenständigen Begünstigungstatbestand darstelle. Auf die tatsächliche spätere Selbstnutzung komme es nicht an. Entscheidend sei, daß das Objekt fertiggestellt worden sei und daß die Kl die Absicht zur Eigennutzung des Objekts ursprünglich gehabt hätten.
Mit Beschluß des Gerichts vom 6.10.1995 wurde das Verfahren in Sachen Einkommensteuer 1991 abgetrennt und ausgesetzt, bis über den gegen den während des gerichtlichen Verfahrens ergangenen Berichtigungsbescheid 1991 vom 1.12.1995 eingelegten Einspruch rechtskräftig entschieden ist.
Die Kl beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 1990 und 1992 vom 13.4.1995 in Gestalt der EE in der Weise zu ändern, daß Vorkosten in Höhe von 31.253 DM (1990) und 56.228 DM (1992) in Abzug gebracht werden (z.T. statt der bereits berücksichtigten vorab entstandenen Betriebsausgaben).
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der EE.
Die Beteiligten haben sich mit einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 10 e Abs. 6 EStG können Aufwendungen (sog. Vorkosten) wie Sonderausgaben abgezogen werden, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung i. S. des § 1Oe Abs. 1 EStG zu eigenen Wohnzwecken entstehen, unmittelbar mit der Herstellung oder Anschaffung des Gebäudes oder des dazugehörenden Grund und Bodens zusammenhängen, nicht zu den Herstellungs- oder Anschaffungskosten der Wohnung oder den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören und im Falle der Vermietung oder Verpachtung der Wohn...