rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweisanforderungen beim Kindergeldanspruch für ein ausbildungssuchendes Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Gesetz fordert für den Kindergeldanspruch nicht nur die Beschäftigungslosigkeit, sondern – unabhängig von deren Erforderlichkeit – auch die Arbeitslosmeldung. Bloße Eigenbemühungen sind – unabhängig von deren Erfolg – nicht ausreichend.

2. Das ernsthafte Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann u.a. durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit, dass das Kind als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist, nachgewiesen werden. Die Registrierung bei der Agentur für Arbeit gilt jedoch nicht zeitlich unbeschränkt als Nachweis, sondern ist in ihrer Wirkung auf drei Monate beschränkt.

3. Zum Nachweis von Eigenbemühungen des Kindes um eine Ausbildungsstelle genügt nicht die Behauptung, dass Bewerbungen im Winter oder Frühjahr sinnlos seien, da das Ausbildungsjahr bereits am 01. September begonnen habe. Vielmehr muss substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt werden, bei welcher Ausbildungsstelle im fraglichen Zeitraum eine Bewerbung nicht in Betracht kam, weil sie zu dieser Zeit Bewerbungen nicht entgegen nahm.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.01.2010; Aktenzeichen III B 24/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin (Klin) ist die Mutter des am ….04.1985 geborenen U. U besuchte im Schuljahr 2004/05 die Vorbereitungsklasse für den Realschulabschluss der Freien Waldorfschule X und beendete seine Schulausbildung im Juli 2005. Anschließend bewarb sich U bei elf Betrieben um einen Ausbildungsplatz, erhielt hierauf aber zuletzt im September 2005 jeweils eine Absage. Am 26.07.2005 meldete sich U bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit für eine Beratung und als Bewerber für eine berufliche Ausbildungsstelle an. Vom 26.09.2005 bis 04.02.2006 war U als Teilzeitkraft bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Am 30.11.2005 meldete die Berufsberatung U aus der Bewerberdatei ab. Auf eine weitere Ausbildungsplatzbewerbung vom 12.02.2006 erhielt U mit Schreiben vom 15.03.2006 eine Absage.

Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) gewährte mit Bescheid vom 17.10.2005 Kindergeld ab August 2005. Mit Bescheid vom 18.07.2006 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab Dezember 2005 auf und forderte das für die Monate Dezember 2005 bis April 2006 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 770 EUR von der Klin zurück. Zur Begründung verwies die FK darauf, dass U bei der Berufsberatung seit 30.11.2005 nicht mehr als Bewerber um einen Ausbildungsplatz geführt werde. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 14.09.2007 als unbegründet zurück.

Mit bei der FK am 15.10.2007 eingegangenem Schreiben bat die Klin um nochmalige Überprüfung der Einspruchsentscheidung. Mit ebenfalls am 15.10.2007 beim Finanzgericht eingegangenem Schreiben teilte die Klin mit, dass sie die FK um nochmalige Überprüfung gebeten habe. Ihr Schreiben diene der Wahrung der Klagefrist, sie werde aber erst nach Vorliegen der Entscheidung der FK mitteilen, ob sie Klage einreichen wolle. Mit Schreiben vom 17.10.2007 wies die FK die Klin darauf hin, dass sie auf entsprechende Mitteilung der Klin das „Schreiben vom 15.10.2007 als Eingang für die Klage bzw. das Klageverfahren” erfassen werde. Mit am 26.10.2007 bei der FK eingegangenem Schreiben vom selben Tag bat der Klägervertreter darum, das Schreiben vom 15.10.2007 als Klage zu behandeln.

Zur Begründung der vorliegenden Klage macht die Klin im Wesentlichen Folgendes geltend:

U habe sich, wie sich aus den vorgelegten Bewerbungsunterlagen ergebe, selbst um einen Ausbildungsplatz bemüht. Er habe in sämtlichen örtlichen Zeitschriften und auf der Internetseite der Agentur für Arbeit nach einer Ausbildungsstelle gesucht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum U bei der Berufsberatung nicht mehr als Bewerber um einen Ausbildungsplatz geführt werde, da seinerseits keine Abmeldung erfolgt sei.

Mit Änderungsbescheid vom 01.10.2008 setzte die FK im Hinblick auf die Bewerbung vom 12.02.2006 Kindergeld für Februar und März 2006 fest. Insoweit wurde das Verfahren nach Teilerledigungserklärungen abgetrennt.

Die Klin beantragt,

den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 18.07.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.09.2007 und des Änderungsbescheids vom 01.10.2008 insoweit aufzuheben als hierin die Kindergeldfestsetzung für die Monate Dezember 2005, Januar 2006 und April 2006 aufgehoben und das insoweit ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 462 EUR zurückgefordert wird.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klin habe ernsthafte Bemühungen des U für den streitigen Zeitraum nicht nachgewiesen. Insbesondere habe U nicht regelmäßig bei der Berufsberatung nach Ausbildungsplätzen nachgefragt.

Mit nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangener Aufklärungsanordnung wurde di...

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