Entscheidungsstichwort (Thema)
Enge Auslegung von Zollaussetzungsnormen
Leitsatz (redaktionell)
1. Zollaussetzungsnormen sind entsprechend ihrem Wortlaut eng auszulegen, so dass sie nicht über ihren Wortlaut hinaus auf Erzeugnisse angewandt werden können, die in ihnen nicht genannt sind (Im Streitfall: keine Anwendung der Zollaussetzung für Fahrradgabeln aus Aluminium auf die streitgegenständlichen, aus einem Standrohr aus Aluminium und einem Tauchrohr aus Magnesium bestehenden Federgabeln).
2. Aufgrund der engen Auslegung des Wortlauts der Zollaussetzungen besteht kein Raum für eine Anwendung der AV 3b) für die Auslegung der KN auf TARIC-Ebene.
Normenkette
KN UPos 8714 9130; KN AV 3b; EUVO 1387/2013
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob für die von der Klägerin eingeführten Vorderradgabeln eine Zollaussetzung bestand.
Die Klägerin führte im Zeitraum von Juli 2014 bis September 2015 Fahrradgabeln aus Taiwan ein, die im Einfuhrzeitpunkt mit der Codenummer 8714 9130 39 0 (Zollsatz 4,7 %) in den zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt wurden. Die Fahrradgabeln sind im Wesentlichen aus Aluminium gefertigt, enthalten aber ein Tauchrohrelement aus Magnesium.
Die Anträge der Klägerin vom 14. April und 4. August 2015 bzw. 13. Mai 2016, ihr u.a. eine Erstattung des Zolls (neben der Einfuhrumsatzsteuer) in Höhe von insgesamt … EUR unter Zuweisung der Waren unter die Codenummer 8714 9130 33 0 zu gewähren, lehnte das HZA mit den drei Bescheiden vom 21. Februar 2017 (…) und den Bescheiden vom 23. Februar und 7. März 2017 ab, weil die Ware aus einer Mischung (Aluminium und Magnesium) bestünde und die beantragte Zollaussetzung nur für Fahrradgabeln aus Aluminium zu gewähren sei. Die Allgemeine Vorschrift (AV) 3b), die bei der Auslegung der achtstelligen Nomenklatur des Zolltarifs zu berücksichtigen sei, könne keine Anwendung für den TARIC (Integrierter Zolltarif der Europäischen Union) finden.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2017).
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die eingeführten Waren unter Zollaussetzung einführen zu können, weiter. Die Waren seien einer Zollaussetzung unterlegen, was sich bereits aus dem Wortlaut der entsprechenden Warenbeschreibung „Vorderradgabeln, aus Aluminium, zur Verwendung bei der Herstellung von Fahrrädern” ergebe. Auch nach einer strengen Auslegung des Wortlauts der Vorschrift sei die Ware von der Warenbeschreibung umfasst, denn die eingeführten Vorderradgabeln würden unabhängig vom Material des Tauchrohrs die von der Zollaussetzung geforderte Beschaffenheit aus Aluminium aufweisen. Eine unzulässige Erweiterung des Wortlauts liege nicht vor, weil die maßgebliche Warenbeschreibung nicht „Vorderradgabeln, (ausschließlich) aus Aluminium” laute. Auch der Verwendungszweck und die Funktion der Ware spreche für eine Einreihung in die Codenummer 8714 9130 33 0. Der Umstand, dass das Tauchrohr aus Magnesium bestehe, habe keinen Einfluss auf die Funktion der Ware. Das Tauchrohr stelle vielmehr einen essentiellen Bestandteil der Vorderradgabel dar, wenn es sich bei dieser um eine Federgabel handele.
Insbesondere die AV für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (KN) führten zu einer Einreihung in die TARIC-Codenummer 8714 9130 33. Die französischen Zollbehörden hätten dies im Jahr 2016 erkannt und die Vorderradgabeln unter Zugrundelegung der AV der TARIC-Codenummer 8714 9130 34 zugewiesen.
Auch die Historie der Änderungen des Wortlauts der Zollaussetzungen stehe dem nicht entgegen. Die zum 1. Januar 2016 eingeführte Änderung, nach der nur noch die Schenkel der Vorderradgabel aus Aluminium bestehen müssten, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass zuvor die gesamte Vorderradgabel ausschließlich aus Aluminium bestehen musste. Vielmehr sei dies nur eine Klarstellung des Wortlauts und besage nur, dass ab dem Zeitpunkt der Änderung jedenfalls die Schenkel aus Aluminium gefertigt sein müssten.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der ablehnenden drei Bescheide vom 21. Februar 2017, des Bescheids vom 23. Februar 2017 und des Bescheids vom 7. März 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2017 das HZA zu verpflichten, ihr … EUR Zoll zu erstatten.
Das HZA beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Regelung in Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (nachfolgend: Verordnung Nr. 2658/87, ABl. Nr. L 256, 1) besage nicht, dass die AV, welche Teil der KN seien, auch grundsätzlich auf die Unterpositionen des TARIC anwendbar seien. Vorrangig sei die Warenbeschreibung in der konkreten Zollaussetzung. Der Wortlaut einer Maßnahme, der nur für eine bestimmte Ware die Aussetzung der Zölle vorsehe, werde über den TARIC-Code mit der KN verknüpft. Würde man nun,...