Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Nebenkosten bei Leasingverträgen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG setzt nicht voraus, dass die Miet- oder Pachtzinsen angemessen sind und der Abschluss des Miet- oder Pachtvertrags wirtschaftlich sinnvoll ist.
2. Nicht der Hinzurechnung unterliegen reine Betriebskosten wie Aufwendungen für Wasser, Strom und Heizung. Übernimmt der Mieter/Pächter freiwillig über den Vertrag hinausgehende Leistungen im eigenen betrieblichen Interesse, ist insoweit ebenfalls keine Hinzurechnung vorzunehmen.
3. Der Begriff „Leasingraten” in § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG ist – ebenso wie bei Miet- und Pachtzinsen – in einem wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Ob und welche als Nebenkosten bezeichneten Entgeltbestandteile dabei Teil der „Leasingraten” in § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG sind, bestimmt sich bei Leasingverträgen ebenfalls nach der gesetzestypischen Lastenverteilung eines Miet- und Pachtvertrags.
4. Teil der Leasingrate im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG ist nicht nur die im einzelnen Leasingvertrag formal als Leasingrate bezeichnete Zahlung, sondern grundsätzlich auch gesondert in Rechnung gestellte Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung, Verwaltung sowie umlagefähige Betriebskosten.
5. Vor dem Hintergrund des Ziels des § 8 Nr. 1 GewStG, lediglich den Finanzierungsanteil zu erfassen, ist es verfassungsrechtlich gerechtfertigt, dass die in § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG festgelegten Prozentsätze voneinander abweichen.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. d, e; GG Art. 3 Abs. 1; BGB § 535 Abs. 1, § 556 Abs. 1, § 581 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob auch Nebenkosten zu Leasingraten den Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e Gewerbesteuergesetz (GewStG) unterfallen.
Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in …. Sie betrieb in den Streitjahren 2008 bis 2011 die von der X KG errichtete …. Die Anlage war von der X KG an die Klägerin auf Basis von langfristigen Mobilien- und Immobilien-Leasingverträgen (Leasingverträgen) vermietet worden. Die Klägerin hatte einen Abnahmevertrag mit der Y AG geschlossen, wonach Y AG u.a. Koks und Gas und bei Bedarf weitere Kuppelprodukte abnahm. Ferner hatte sie mit der Z GmbH, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Y AG, einen Betriebsführungsvertrag hinsichtlich der Anlage geschlossen.
Nach den in den Streitjahren gültigen Leasingverträgen begann die Leasingzeit am … 2003 und sollte nach Ablauf des 16. Jahres am … 2019 enden. Die nach den Leasingverträgen zu leistenden Zahlungen umfassten laufende Mietzahlungen, die auf der Grundlage der Gesamtinvestitionskosten (… Mio. EUR) berechnet wurden (vgl. § 4 Nr. 3 der Leasing-Bedingungen zum Immobilien-Leasing-Vertrag Nr. … bzw. § 3 Nr. 3 der Leasing-Bedingungen zum Mobilien-Leasing-Vertrag Nr. …). Daneben war noch ein Verwaltungskostenbeitrag zu leisten (0,06% der Gesamtinvestitionskosten p.a.). Zu den Gesamtinvestitionskosten gehörten sämtliche Aufwendungen vor, während und nach der Bauphase, die dem Leasinggeber (X KG) aus dem Erwerb des Erbbaurechts und der Beschaffung bzw. Errichtung sowie der Finanzierung der Leasinggegenstände erwachsen (vgl. § 2 der Leasing-Bedingungen zum Immobilien-Leasing-Vertrag Nr. … bzw. § 2 der Leasing-Bedingungen zum Mobilien-Leasing-Vertrag Nr. …). Darüber hinaus war geregelt, dass der Leasingnehmer (Klägerin) gegen Nachweis im Einzelnen bezeichnete Mietnebenkosten zu erstatten hatte (vgl. § 4 Nr. 5, § 5 der Leasing-Bedingungen zum Immobilien-Leasing-Vertrag … bzw. § 3 Nr. 5, § 4 der Leasing-Bedingungen zum Mobilien-Leasing-Vertrag …). Zu den Mietnebenkosten zählten u.a. vom Leasinggeber abgeschlossene Versicherungen (vgl. § 5 Nr. 1, § 9 der Leasing-Bedingungen zum Immobilien-Leasing-Vertrag Nr. … bzw. § 4 Nr. 1, § 9 der Leasing-Bedingungen zum Mobilien-Leasing-Vertrag Nr. …).
Die Zusammensetzung der Mieten war durch Zusatzvereinbarungen geregelt. Die Mieten ermittelten sich u.a. aus einer Eigenkapitalverzinsung sowie angefallenen Fremdkapitalzinsen und Tilgungen nach Maßgabe der Darlehensverträge (vgl. 1. der Zusatzvereinbarung Nr. 1 „Konditionen aktualisiert” zum Immobilien-Leasing-Vertrag Nr. … bzw. Nr. 1 der Zusatzvereinbarung Nr. 1 „Konditionen aktualisiert” der Leasing-Bedingungen zum Mobilien-Leasing-Vertrag).
Die Klägerin war verpflichtet die Betriebsvorrichtungen während der Laufzeit des Leasingvertrags auf ihre Kosten in einem guten, jederzeit funktionsfähigen, zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Sämtliche Betriebs-, Unterhalts- und Erhaltungskosten sowie alle Reparaturen waren von der Klägerin zu tragen. Dies galt auch für Beschädigungen und teilweise Zerstörung, die durch höhere Gewalt und zufälligen Untergang verursacht werden. Am Ende der Leasinglaufzeit war die tatsächliche Sachherrschaft über die Anla...