rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Unterhalt von Wanderwegen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist Unternehmer, wenn sie auf vertraglicher Grundlage eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
2. Eine Gemeinde ist zum Vorsteuerabzug aus Kosten für die Pflege und den Unterhalt der Wanderwege ihres Gemeindegebiets durch Dritte berechtigt, wenn diese Eingangsleistungen im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit bezogen werden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3
Tenor
1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 12. August 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 wird die Umsatzsteuer für 2004 auf … EUR und die Umsatzsteuer für 2005 auf … EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 1/10, der Beklagte zu 9/10.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, in welchem Umfang die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Die Klägerin, ein anerkannter heilklimatischer Kurort, erzielt steuerpflichtige Umsätze aus den Betrieben Wasserversorgung und Fremdenverkehr sowie aus der Verpachtung von Gaststätten.
Sie ist Mitglied des Zweckverbandes Tourismusregion B. Dieser ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in B (vgl. §§ 1, 2 der Verbandssatzung vom 13. Juni 1975 in der Fassung vom 6. Juli 2004). Der Zweckverband soll insbesondere Werbung betreiben und Einrichtungen für den Fremdenverkehr schaffen, unterhalten und fördern sowie den hierfür benötigten Finanzbedarf selbst erwirtschaften (§ 3 Abs. 1 und 2 Buchst. a, b und g der Verbandssatzung). Außerdem soll er lt. § 3 Abs. 2 Buchst. d der Verbandssatzung die Satzung über die Erhebung des Kurbeitrages im Verbandsgebiet (Beitragssatzung) erlassen und vollziehen. Gemäß § 18 Abs. 1 der Verbandssatzung überlassen die Mitgliedsgemeinden dem Zweckverband das Recht auf Erhebung des Kurbeitrages. Nach § 3 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1, 2 der Beitragssatzung ist der Kurbeitrag von dem zur Einhebung Verpflichteten (z. B. Hotelier) an den Zweckverband abzuführen.
Mit Vertrag vom 14./29. Dezember 1988 „zur Übertragung von Fremdenverkehrseinrichtungen” verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem Zweckverband, ab Januar 1989 die Reinigung der bisher von ihr betreuten 41,15 km Wanderwege zu übernehmen. Sie sollte dazu für die auf ihrem Gemeindegebiet liegenden Wanderwege in die Benutzungsverträge eintreten. Für die Übertragung sollte die Klägerin kein Entgelt leisten (§ 11). Vielmehr sollte sie vom Zweckverband für die Bereitstellung von Kureinrichtungen an Kurabgabenpflichtige eine nach den Kosten bemessene Vergütung erhalten (§ 12). Nach § 14 dieses Vertrages sollte die Klägerin das übernommene Wegenetz instand halten und in seinem Umfang möglichst erhalten.
Nach § 18 Abs. 2 der Verbandssatzung in der in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung sollte der Zweckverband der Klägerin für die Bereitstellung der Fremdenverkehrseinrichtungen einen Anteil von 21 % des in ihrem Gebiet jährlich angefallenen Kurbeitragsaufkommens zzgl. einem Anteil von 0,25 % aus dem im gesamten Verbandsgebiet jährlich angefallenen Kurbeitragsaufkommen vergüten.
Unter Bezugnahme auf § 12 des Vertrages vom 14./29. Dezember 1988 stellte die Klägerin dem Zweckverband mit Rechnungen vom 19. Juli und 17. Dezember 2004 sowie 13. Juli und 16. Dezember 2005 unter Ausweis von Umsatzsteuer als anteilige Vergütung des Kurbeitragsaufkommens ein Jahresnutzungsentgelt für 2004 in Höhe von insgesamt … EUR und für 2005 in Höhe von insgesamt … EUR brutto in Rechnung. Dabei entfielen jeweils 30 % auf Wanderwege und 70 % auf gewerbliche Kureinrichtungen.
Mit ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin unter anderem Vorsteuerbeträge für den Fremdenverkehrsbetrieb im Zusammenhang mit dem Unterhalt und Winterdienst für Wanderwege auf ihrem Gemeindegebiet geltend.
Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung wurden die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge in Höhe von … EUR in 2004 und … EUR in 2005, insgesamt … EUR, nicht anerkannt, weil die Wanderwege nicht dem unternehmerischen Bereich der Klägerin hätten zugeordnet werden können (vgl. Prüfungsbericht vom 18. Mai 2009).
Unter Übernahme der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte (das Finanzamt) am 12. August 2009 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 als unbegründet zurüc...