Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinszahlungen nach dem Entschädigungsgesetz sind nicht gem. § 3 Nr. 7 EStG steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Verzinsung in Höhe von jährlich 6 % der Entschädigungssumme nach § 1 Abs. 1 S. 5 EntschG handelt es sich um Zinsen wegen der verzögerten Auszahlung des bereits entstandenen Entschädigungsanspruchs. Diese unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer.
2. Sie stellen insbesondere keine nach § 3 Nr. 7 EStG steuerfreie Entschädigung für eine verzögerte Bearbeitung des Antrags auf Ausgleichsleistungen dar.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 3 Nr. 7; EntschG § 1 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob Zinszahlungen nach § 1 Abs. 1 Satz 5 Entschädigungsgesetz (EntschG) steuerfrei sind.
Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstigen Einkünften. Aufgrund des Bescheides vom 22. November 2007 des Sächsischen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen wurde der Klägerin für den Verlust eines Unternehmens in der vormaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 37.803,86 DM zugesprochen. Der Entschädigungsanspruch sollte laut Bescheid durch Geldleistung in Höhe von 19.128,81 EUR erfüllt werden. Dieser Betrag war ab dem 1. Januar 2004 bis zum Kalendermonat vor der Bekanntgabe des Bescheides mit einem Zinssatz von monatlich ½ vom Hundert zu verzinsen. Das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen teilte dem damals zuständigen Finanzamt München V am 7. Januar 2008 mit, dass die Klägerin mit Zahlungsanordnung vom selbigen Tag, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 5 EntschG eine Zinszahlung in Höhe von 4.445,63 EUR erhalten habe. Das Finanzamt erhöhte die Einnahmen aus Kapitalvermögen um diese nicht in der Einkommensteuererklärung angegebenen Zinsen. Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 16. Juni 2010 legte die Klägerin Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2011 des nunmehr zuständigen Beklagten (des Finanzamts Miesbach) als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen eingereichten Klage macht die Klägerin geltend, die nach dem EntschG geleisteten Zinszahlungen seien nach § 3 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei, da es sich um Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz handele. Die Zinsen stellten keine Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 EStG dar, da die Zinsen Teile der Entschädigung seien.
Die Klägerin beantragt daher,
den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 16. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2011 dahingehend zu ändern, dass Zinszahlungen nach dem Entschädigungsgesetz in Höhe von 4.445,63 EUR steuerfrei belassen werden.
Der Beklagte (das Finanzamt) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Schriftsätze, Akten und Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Klage ist unbegründet.
Die Zinszahlungen nach dem Entschädigungsgesetz sind nicht gemäß § 3 Nr. 7 EStG steuerfrei.
Leistungen sind nach dem EntschG und dem Ausgleichsleistungsgesetz (ALG) steuerfrei, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 EStG sind. Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt, wer Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art bezieht, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind. Die Kapitalüberlassung kann auf vertraglicher, gesetzlicher, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage erfolgt sein (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 26. Juni 1996 VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175). Nicht erforderlich ist, dass die Kapitalüberlassung freiwillig geschieht. Zu den Erträgen aus Kapitalforderungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr.7 EStG gehören demnach auch Verzugs-, Steuererstattungs-, Stundungs- und Prozesszinsen (Weber – Grellet in Schmidt Kommentar zum EStG 31. Aufl. 2012, § 20 Rz. 103 m.w.N.). Auch in diesen Fällen überlässt der Gläubiger Kapital zur Nutzung. Die Nutzungsüberlassung beruht zwar nicht auf einer freiwilligen vertraglichen Abmachung, aber die vom Schuldner durch Nichtzahlung bewirkte Zahlungsverzögerung u.a. wegen Zahlungsunfähigkeit, durch mangelnde Steuerfestsetzung mit Steuererstattungsanspruch oder das Vertreten einer unzutreffenden Rechtsauffassung ist eine Kapitalüberlassung. Der Gläubiger muss sic...