Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis des Nachlasspflegers; Erbschaftsteuerfestsetzung gegenüber dem Nachlasspfleger
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Nachlasspfleger ist nach Anordnung der Nachlasspflegschaft bis zu deren Aufhebung durch das Amtsgericht gesetzlicher Vertreter der Erben und als solcher im Verfahren des einstweiliger Rechtsschutzes antragsbefugt.
2) Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Überprüfung ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Erbschaftsteuer-Schätzungsbescheides, der wegen Unkenntnis der Person des oder der Erben gegenüber dem Nachlasspfleger in einem Bescheid bekanntgegeben wird und der sich bezüglich der Schätzungsgrundlagen an den Angaben des Nachlasspflegers orientiert.
Normenkette
ZPO § 53; AO § 34 Abs. 1, § 122 Abs. 1, § 155 Abs. 3, § 162 Abs. 1-2; ErbStG § 20 Abs. 1, § 31 Abs. 6, § 32 Abs. 1; BGB §§ 1919, 1960 Abs. 2, § 1962; FGO § 58 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung der Vollziehung eines Erbschaftsteuer(ErbSt)-Bescheides.
Der Antragsteller (Ast.) ist am 15.10.2003 vom Amtsgericht/Nachlassgericht A-Stadt zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des am 02.01.2003 verstorbenen, zuletzt in A-Stadt wohnhaft gewesenen Erblassers Herrn X., geb. am 28.09.1917, bestellt worden. Der Wirkungskreis der Nachlasspflegschaft umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben.
Die Erben des Erblassers sind bisher durch Erbschein nicht festgestellt und auch sonst noch nicht sicher bekannt, weder namentlich noch zahlenmäßig.
Nach dem Tode des Erblassers gingen Mitteilungen gem. § 33 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) über das Vermögen des Erblassers zum Todeszeitpunkt bei dem Antragsgegner (Ag.) ein. Der Ag. erlangte durch Mitteilung des Amtsgerichts A-Stadt vom 15.10.2003 Kenntnis von der Bestellung des Ast. zum Nachlasspfleger.
Nach Aufforderung durch den Ag. reichte der Ast. am 14.01.2004 eine ErbSt-Erklärung bezüglich des Nachlasses des Erblassers ein. Darin machte der Ast. neben bereits angefallenen Erbfallkosten weitere Kosten für die Nachlassregelung geltend und schätzte diese auf 100.000 EUR. Ferner gab der Ast. folgende Erklärung ab: „Die erklärten Vermögenswerte entsprechen dem jetzigen Kenntnisstand. Die Kosten der Nachlassregelung sind vorläufig geschätzt. Da die Erben noch nicht bekannt sind, bitten wir zunächst von fünf Erben mit gleichen Anteilen in der Steuerklasse drei auszugehen”. Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf die ErbSt-Erklärung (Bl. 16-21 der Steuerakte) verwiesen.
Unter Zugrundelegung der erklärten Werte der Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten erließ der Ag. am 20.02.2004 einen ErbSt-Bescheid und gab diesen dem Ast. mit dem Zusatz „dieser Bescheid ergeht an sie als Nachlasspfleger im Erbfall Herrn X. für den Erwerber Erben Unbekannt” bekannt.
Bei der Steuerberechnung ging der Ag., dem Antrag des Ast. folgend, davon aus, dass der Erblasser von 5 Erben der Steuerklasse III gem. § 15 Abs. 1 ErbStG zu jeweils gleichen Anteilen beerbt wurde. Nach Abzug der vom Ast. geschätzten Nachlassregelungskosten errechnete der Ag. einen unstreitigen Nachlasswert i.H.v. 663.124 EUR sowie für jeden der 5 fiktiven Erben eine ErbSt i.H.v. 29.307 EUR. Insgesamt setzte der Ag. für alle Erben ErbSt i.H.v. 146.535 EUR (5 × 29.307 EUR) fest. Die Steuerfestsetzung erging nach § 165 Abgabenordnung (AO) vorläufig. Der Steuerbescheid enthält folgenden Vorläufigkeitsvermerk: „Der Bescheid ergeht in vollem Umfang vorläufig hinsichtlich der persönlichen Freibeträge der bisher unbekannten Erben, der Anzahl der Erben, der hinterlassenen Vermögenswerte, des Vomhundertsatzes in der Steuerklasse (Progression) sowie der Nachlassverbindlichkeiten, weil die Erben bisher nicht ermittelt werden konnten.” Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Steuerbescheid (Bl. 22-28 der Steuerakte) Bezug genommen.
Gegen den ErbSt-Bescheid vom 20.02.2003 legte der Ast. mit Schreiben vom 26.02.2004 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides.
Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Ag. mit Bescheid vom 08.03.2004 ab. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Die festgesetzte ErbSt wurde inzwischen entrichtet.
Mit seinem am 06.04.2004 bei Gericht gestellten Antrag begehrt der Ast. die Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen ErbSt-Bescheides.
Zur Begründung trägt der Ast. vor, dass es auf Grund der Tatsache, dass die Erbfolge noch nicht abschließend geklärt sei, an einem konkreten Steuersubjekt fehle, welches Voraussetzungen für die Festsetzung einer Steuer sei. Es gebe keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Steuerfestsetzung. Es reiche für die Festsetzung der ErbSt nicht aus, dass wahrscheinlich irgendwo Erben vorhanden seien, sondern die Erbfolge müsse geklärt sein, in der Form, dass eine einzelne Person oder eine Gruppe von Erben namentlich als Erben ermittelt seien und eine A...