rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG ist in einschränkender Auslegung nicht anzuwenden, wenn demjenigen, der einen Anspruch auf Übertragung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erlangt hat, die Grundstücke der grundbesitzenden Gesellschaft bereits vorher grunderwerbsteuerechtlich zuzurechnen waren.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3, 3 Nr. 3, § 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Übertragung aller Anteile einer grundbesitzenden GmbH auf die Klägerin (Klin.) gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) grunderwerbsteuerpflichtig ist.
Die … GmbH (L-GmbH) war die alleinige Gesellschafterin der grundbesitzenden … GmbH (W-GmbH). Durch notariell beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrag vom 08.12.1997 erwarb die Klin. von der L-GmbH den einzigen Geschäftsanteil der W-GmbH im Nennbetrag von 5 Mio. DM. Die Klin. war und ist alleinige Gesellschafterin der L-GmbH.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) sah in dem Kaufvertrag ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG und setzte ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von einer Million DM die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 04.08.1998 auf 35.000 DM fest.
Hiergegen wendet sich die Klin. nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsentscheidung -EE- vom 11.05.2000) mit der vorliegenden Klage.
Sie meint, entgegen der Auffassung des FA komme im vorliegenden Fall das BFH-Urteil vom 30.03.1988 II R 81/85 BStBl. II 1988, 682 nicht zur Anwendung. Es würde in einem Fall zur Anwendung kommen, wenn sie, die Klin., den Geschäftsanteil an der W-GmbH inne gehabt habe, und diesen an die L-GmbH übertragen habe. Dann habe die L-GmbH erstmalig unmittelbar alle Anteile an der W-GmbH erworben. Dies entspreche dem Sachverhalt aus dem Kaufvertrag vom 13.09.1995 zwischen der Klin. und der L-GmbH, weshalb das Finanzgericht Münster im Urteil vom 20.10.1999 8 K 5381/96 GrE (veröffentlicht in EFG 2000, 451) entschieden habe, dass die Grunderwerbsteuer-Festsetzung zu Recht erfolgt sei.
Im jetzt streitigen Fall habe jedoch sie, die Klin., den Anteil der W-GmbH von ihrer 100 %igen Tochter L-GmbH erworben. Sie sei also vor diesem Erwerb vom 08.12.1997 mittelbar zu 100 % an der W-GmbH beteiligt gewesen.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20.10.1993 II R 116/90 BStBl. II 1994, 121 entschieden und in seinem Urteil vom 12.01.1994 II R 130/91 BStBl. II 1994, 408 bestätigt habe, behandele § 1 Abs. 3 GrEStG den Inhaber aller Anteile einer GmbH so, als gehörten ihm wegen der Vereinigung dieser Anteile in seiner Hand die Grundstücke, die seiner Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen seien. Hieraus habe der BFH in den beiden genannten Urteilen gefolgert, dass in Bezug auf die Anteilsvereinigung diejenigen Anteile an einer Gesellschaft (hier W-GmbH), die eine andere Gesellschaft (hier: L-GmbH) halte, an der eine Person (hier: sie, die Klin.) zu 100 % beteiligt sei, dieser (der Klin.) wie eigene Anteile zuzurechnen seien. Wenn aber bereits alle Anteile an der W-GmbH ihr, der Klin., grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen gewesen seien, so sei eine weitere Zurechnung grunderwerbsteuerrechtlich nicht mehr möglich. Der Geschäftsanteil an der W-GmbH sei bereits vorher als in ihrer (der Klin.) Hand vereinigt anzusehen. Der Erwerb vom 08.12.1997 sei damit nicht mehr grunderwerbsteuerbar. Durch ihren unmittelbaren Erwerb des Anteils an der W-GmbH von der L-GmbH könne sich keine grunderwerbsteuerrechtlich erhebliche Verstärkung ihrer Position in Bezug auf die W-GmbH ergeben.
Ergänzend beruft sich die Klin. auf das Beispiel 3 in dem Erlass des Fin.Min. Baden-Württemberg vom 06.11.1995 DB 1995, 2294. Danach seien die beiden o. a. BFH-Urteile vom 20.10.1993 und vom 12.01.1994 auch auf Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung aller Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz begründen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) sowie auf den Übergang aller Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG) anzuwenden, wenn dadurch eine in der Hand des Erwerbers schon bestehende Anteilsvereinigung lediglich verstärkt werde.
Die Klin. beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 04.08.1998 sowie die EE vom 11.05.2000 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es meint, durch den Verkauf des einzigen Geschäftsanteils an der W-GmbH durch die L-GmbH an die Klin. sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht worden. Denn die Klin. habe einen Anspruch auf Übertragung aller Anteile an der W-GmbH, der Grundstücke gehörten, erlangt. Dadurch seien die Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich nunmehr der Klin. zugeordnet.
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