Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung des Halbabzugsverbots bei Anteilsveräußerungsverlusten
Leitsatz (redaktionell)
1) Fallen bei Veräußerung von Kapitalbeteiligungen im Privatvermögen nur geringe Einnahmen an, die zur Hälfte gem. § 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG steuerfrei sind, greift das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG für einen Veräußerungsverlust ein.
2) Das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 40 Buchst. c, § 3c Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den Verlust aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen zu einem Kaufpreis von EUR 2.000.
Die Kläger wurden für das Streitjahr 2002 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin gründete am 24.1.2001 die am 9.4.2001 unter der Nr. HRB 14784 im Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt eingetragene XXXX Vermögensberatung GmbH (im Folgenden: GmbH), übernahm das gesamte Stammkapital von EUR 25.000,– und zahlte es vollständig ein. Gegenstand der GmbH, die im Herbst 2002 ihren Geschäftsbetrieb einstellte, war die Vermittlung von Immobilien und Leasing-Verträgen.
Mit notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag vom 27.12.2002 (Urkundenrolle Nr. 594/2002 des Notars Nnnn in A-Stadt) teilte die Klägerin ihren Geschäftsanteil von EUR 25.000,– in zwei Geschäftsanteile von jeweils EUR 12.500,– und veräußerte anschließend mit dinglicher Wirkung zum 31.12.2002 die geteilten Geschäftsanteile für jeweils EUR 1000,– an 2 Erwerber.
In der Einkommensteuererklärung für 2002 machten die Kläger einen Verlust der Klägerin aus der Veräußerung ihrer GmbH-Anteile in Höhe von EUR 23.000,– gemäß § 17 EStG geltend, den sie unter Ansatz von EUR 25.000,– Anschaffungskosten und EUR 2.000,– Veräußerungserlösen ermittelten.
Der Beklagte berücksichtigte mit Einkommensteuerbescheid vom 27.2.2004 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens lediglich einen Verlust von EUR 11.500,–. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage begehren die Kläger weiterhin, den Verlust aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligungen in voller Höhe von EUR 23.000 zum Abzug zuzulassen.
Sie vertreten die Auffassung, der hälftige Abzug des Verlustes auf Grund von § 3c Abs. 2 EStG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). § 3 Nr. 40 EStG stelle keine echte Steuerbefreiung dar, da die hälftige Steuerbefreiung nur die körperschaftsteuerliche Vorbelastung der Beteiligungserträge kompensieren solle. Der eingeschränkte Ausgabenabzug sei insoweit nicht folgerichtig, verstoße gegen das Nettoprinzip und führe bei lediglich geringen Einnahmen wegen des „Fallbeileffektes” zu einer Verletzung der vertikalen Steuergerechtigkeit und zu einer Übermaßbesteuerung. Die Erhöhung des Einkommens vor Steuern dürfe das Nachsteuereinkommen nicht verringern. Insoweit sei bei verfassungskonformer Auslegung der Veräußerungsverlust in voller Höhe zu berücksichtigen.
Der Beklagte hat am 19.10.2005 nach im Zuge einer Lohnsteueraußenprüfung festgestellter und nacherklärter (Gehalts-)Zahlungen der GmbH an die Klägerin, die in Höhe von EUR 4.920,– eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002 erlassen, der gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2002 vom 19.10.2005 den Verlust aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der GmbH mit dem vollen Betrag von EUR 23.000,– bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Ansatz zu bringen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen,
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, der Verlust aus der Veräußerung der GmbH-Anteile sei zutreffend nur zur Hälfte angesetzt worden. Nach § 3 Nr. 40 EStG sei die Hälfte des Veräußerungspreises i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Insoweit seien gemäß § 3c Abs. 2 EStG auch die Anschaffungskosten nur zur Hälfte anzusetzen. An der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften bestünden keine Zweifel.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2002 vom 19.10.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass auf den von der Klägerin im Streitjahr realisierten Veräußerungsverlust im Sinne von § 17 Abs. 1, 2 EStG in Höhe von EUR 23.000,– das Halbeinkünfteverfahren im Sinne von §§ 3 Nr. 40, 3c Absatz 2 EStG anzuwenden ist mit der Folge, dass der Verlust steuerlich nur zur Hälfte berücksichtigungsfähig ist.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG in der für 2002 geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer – wie im Streitfall die Klägerin – in...