Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung bei Anteilsabtretung nach Grundstückskaufvertrag und Auflassung mit der Gesellschaft, aber vor deren Eintragung im Grundbuch
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Grundstück "gehört" bereits einer Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, deren Anteile sich in einer Hand vereinigen, wenn zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung schon Kaufvertrag und Auflassung zugunsten der Gesellschaft wirksam erklärt worden sind. Auf die für den Eigentumsübergang erforderliche Eintragung ins Grundbuch kommt es nicht mehr an.
2) Es ist spielt für die Grunderwerbsteuerpflicht keine Rolle, wenn die auf das inländische Grundstück bezogenen Verträge vor einem niederländischen Notar geschlossen werden.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist der Zeitpunkt der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) bzw. die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung.
Die Klägerin (Klin.) ist eine niederländische B.V. (im folgenden: B.V.) deren Gegenstand es ist, als Holding-Gesellschaft Anteile sowie Beteiligungen an Vermögenswerten, Unternehmen und Gesellschaften aller Art zu verwalten. Am 28.06.1996 war die Klin. zu 98 % an der damals in Q ansässigen GmbH (im folgenden: GmbH) beteiligt. Die restlichen 2 % hielt die irländische R (im folgenden: R), die zugleich zu 100 % an der Klin. beteiligt war.
Mit Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 28.06.1996 (UR-Nr.: 995/1996 des Notars K in T) verkaufte und übertrug die R mit Wirkung zum 30.06.1996, 24 Uhr/01.07.1996, 0.00 Uhr die restlichen 2 % der Anteile an der GmbH in Form eines Geschäftsanteils von 1.000 DM an die Klin.
Mit ebenfalls vom 28.06.1996 datierender Urkunde (UR-Nr.: 996/1996 des Notars K in T) wurden die auf den Seiten 3 und 4 dieser Urkunde im Einzelnen aufgeführten, in L an der A-Straße und B-Straße gelegenen Grundstücke von der V Vermögensverwaltungs-Gesellschaft mbH (im folgenden V-GmbH) mit Sitz in L für die GmbH aufgelassen.
Die GmbH hatte die Grundstücke am gleichen Tag aufgrund des Kaufvertrages, der vom Notar D in B (Niederlande) beurkundet worden ist, von der V-GmbH zum Kaufpreis von 14.283.520 DM erworben.
Wegen dieses Kaufvorganges hatte das Finanzamt (FA) bereits mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 07.11.1996 (StL-Nr. XXXX/XXXX/XX1) die GmbH zur Grunderwerbsteuer in Höhe 260.548 DM herangezogen.
Aufgrund einer Mitteilung des FA für Großbetriebsprüfung E, das bei der GmbH in L eine Betriebsprüfung durchgeführt hatte, erließ das FA außerdem am 28.05.2001 einen Grunderwerbsteuerbescheid (StL-Nr. XXXX/XXXX/XX2) für die Klin., mit welchem es auf der Basis von 140 % des Einheitswertes von 4.530.000 DM, also ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 6.342.000 DM, eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 126.840 DM festsetzte.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trug die Klin. vor, der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei nicht erfüllt, da die Grundstücke im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung nicht der GmbH gehört hätten. Der Zeitpunkt der Anteilsvereinigung sei der 28.06.1996 mit der Beurkundung des Vertrages UR-Nr. 995/1996 gewesen. Auf den Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs (30.06.1996) komme es nicht an. Das Grundstück sei erst mit der Beurkundung der Auflassung der GmbH zuzuordnen gewesen und diese Beurkundung sei erst im Anschluss an die Anteilsvereinigung, nämlich mit der Urkunde UR-Nr. 996/1996 erfolgt. Nach ihrer Auffassung komme nur § 1 Nr. 2 GrEStG in Betracht, weil die im Ausland getroffenen Vereinbarungen noch keinen rechtswirksamen Anspruch auf Übereignung begründen würden. Erst die Auflassung vor dem deutschen Notar führe gemäß § 313 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ab dem Zeitpunkt der Auflassung zu einer rechtswirksamen Zuordnung. Diese Auflassung sei jedoch erst nach der Anteilsvereinigung, nämlich mit der Urkunde UR-Nr. 996/1996 des Notars K in T erfolgt.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchentscheidung – EE – vom 28.01.2004).
Es meinte, der Anteilserwerb der Klin. an der GmbH, wodurch alle Anteile in der Hand der Klin. vereinigt worden seien, unterliege der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, da der GmbH im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung die o. a. Grundstücke gehört hätten.
In dem Vertrag vom 28.06.1996 UR-Nr. 995/1996 habe die Klin. den Anteil an der GmbH mit Wirkung vom 30.06.1996, 24.00 Uhr/01.07.1996, 0.00 Uhr erworben. Der Zeitpunkt der Anteilsübertragung sei durch Festlegung des Termins bestimmt worden. Zu diesem Termin seien alle Anteile an der GmbH auf die Klin. vereinigt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 06.06.2001 II R 56/00 BStBl. II 2002, 96). Erst ab diesem Zeitpunkt habe die Klin. alle Anteile in ihrer Hand vereinigt.
Das Grundstück habe zu diesem Zeitpunkt bereits der GmbH gehört. Ein Grundstück „gehöre” zum Vermögen...