Entscheidungsstichwort (Thema)
Liquidation einer ausländischen Gesellschaft, bei der eine Berichtigung nach § 1 AStG erfolgt ist
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Berücksichtigung des Kürzungsbetrages in der Gewinnfeststellung nach Tz. 8.3.2 des BMF, Schr. v. 23.2.1983 - IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 ff. = StEK AStG Vor § 1 Nr. 10 - betreffend: Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen - stellt einen Billigkeitserlass i.S.v. § 163 AO dar, der wegen seiner Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren einen Grundlagenbescheid i.S.v. § 171 Abs. 10 AO bildet.
2) Die Bindungswirkung einer mit der Gewinnfeststellung verbundenen Billigkeitsmaßnahme hat zur Folge, dass der Gewinnfeststellungsbescheid nicht mehr nach den für die Änderung von Steuerbescheiden geltenden Vorschriften geändert werden kann.
Normenkette
AO 1977 §§ 163, 164 Abs. 2, § 131 Abs. 2, 2 Nrn. 1, 3; AStG § 1
Gründe
Streitig ist, in welchem Jahr ein Abzugsbetrag nach Tz. 8.3.2 des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983 IV-C 5-S 1341-4/83 betreffend: Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze) – BStBl. I 1983, 218 ff. anzusetzen ist.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG die Herstellung und den Vertrieb von …
Gesellschafter waren als Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung die Firma C GmbH und als Kommanditist mit einer Hafteinlage von 500.000,00 DM Herr B, der gleichzeitig der Geschäftsführer der Klägerin ist.
Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte die Beteiligung als alleinige Gesellschafterin an der Firma D B. V. mit Sitz in …/Niederlande (B. V.).
Aufgrund nicht ausgewogener Leistungsaustausche zwischen der Klägerin und der B. V. waren folgende (unstreitige) Zurechnungen nach § 1 Außensteuergesetz (AStG) erfolgt:
1985 |
2.000.000,00 DM |
1986 |
2.500.000,00 DM |
1987 |
1.500.000,00 DM |
1988 |
100.000,00 DM |
1989 |
356.000,00 DM |
Summe |
6.456.000,00 DM. |
Auf Tz. 48 des Betriebsprüfungsberichtes vom 16.11.1992 des Finanzamtsamts für Großbetriebsprüfung … wird Bezug genommen.
In 1992 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung … für die Jahre 1988 bis 1990 statt, deren Ergebnisse zu erheblichen Steuernachzahlungen führten. Sie betrugen nach einem Vermerk des steuerlichen Beraters im Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Vermögensteuerbereich 3.237.908,52 DM.
Die Klägerin bekundete daher ihr Interesse an der Berücksichtigung der gewinnmindernden Auflösung des Hinzurechnungsbetrages nach § 1 AStG in Höhe von 6.456.000,00 DM durch Auflösung der B. V. und demzufolge der Minderung der Steuerschulden in Folge der Betriebsprüfung durch Vornahme eines entsprechenden Verlustrücktrages nach 1990.
Mit Schreiben vom 21.09.1992 beantragte die Klägerin beim Finanzamt … die Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber,
„ob der Hinzurechnungsbetrag von DM 6 Mio. gemäß § 1 AStG im Fall einer Liquidation der Firma D B. V. einkommensmindernd auf den Gewinn der Firma A GmbH & Co. KG, E KG, berücksichtigt werden kann.”
Mit Schreiben vom 22. Oktober 1992, das den Vertretern der Klägerin am 23.10.1992 im Rahmen der Schlußbesprechung der Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung … für die Jahre 1998 bis 1990 vom Vorsteher des Beklagten übergeben wurde, erteilte der Beklagte folgende Auskunft:
„In dem … Schreiben, dessen Sachverhaltsschilderung meiner Auskunft zugrundegelegt wird, wurde die Frage gestellt, ob im Falle einer Liquidation der Firma D B. V. die nach § 1 AStG hinzugerechneten Beträge bei der Firma A GmbH & Co. KG gewinnmindernd berücksichtigt werden könnten. In der Besprechung vom 30.09.1992 mit den Großbetriebsprüfern, Herrn StAR F und Herrn StA G, wurde der o. g. Antrag mündlich auf den Fall der Veräußerung an einen fremden Dritten erweitert.
Ich teile Ihnen dazu mit, dass aufgrund der zur Zeit geltenden gesetzlichen Regelungen keine Bedenken bestehen, sowohl im Falle der Liquidation als auch im Falle der Veräußerung der Firma D B. V., die nach § 1 AStG zugerechneten und bislang noch nicht verrechneten Beträge gewinnmindernd zu berücksichtigen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 23.02.1983, BStBl. 1983 T. I S. 218 ff.). …”
Mit Vertrag vom 29.12.1992 schloß die Klägerin mit der B. V. einen Vertrag über den Erlaß von Forderungen in Höhe von 12.600.000,00 hfl. und am 31.12.1992 beschloß die B. V., vertreten durch ihren Direktor, den Kommanditisten der Klägerin, Herrn B, ihre Liquidation.
Das notarielle Protokoll über den Erlaßvertrag und den Liquidationsbeschluß überreichte der Geschäftsführer der Klägerin am 09.02.1993 persönlich an den Vorsteher des Beklagten.
Im Jahresabschluß zum 31.12.1992 buchte die Klägerin entsprechend einer auf diesen Stichtag aufgestellten Liquidationsbilanz der B. V., die für die B. V. ein Reinvermögen von 1.709.982,00 DM auswies, vom Forderungsbestand in Höhe von 11.341.343,52 DM einen Betrag von 9.631.061,52 DM aus. Dies führte wegen der Minderung der bestehenden W...