Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsklage und einer vorbeugenden Feststellungsklage gegen eine Vollstreckungsankündigung Vollstreckung einer Geldstrafe wegen eines Mautvergehens in Österreich auf Ersuchen der österreichischen Verwaltung durch ein bayerisches Finanzamt
Leitsatz (amtlich)
1. Die vorbeugende Unterlassungsklage setzt ein besonders intensives Rechtsschutzinteresse voraus.
2. Eine vorbeugende Feststellungsklage gegen eine Vollstreckungsankündigung ist zulässig, wenn die ersuchende österreichische Behörde die Prüfung der Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch abgeschlossen hat.
3. Die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen der österreichischen Behörde verstößt nicht gegen den ordre public, wenn der Vollstreckungsschuldner in Österreich als Fahrer/Lenker und nicht als Halter in Anspruch genommen wird, es in Österreich versäumt, seine Rechte im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu wahren und erst im Verfahren über die Zulässigkeit der Vollstreckung in Deutschland vorbringt, die österreichischen Behörden hätten seinen Lenkereigenschaft nicht positiv festgestellt.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1, Alt. 2 Hs. 2, § 41 Abs. 1; BayVwZVG Art. 25 Abs. 2
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist eine Vollstreckungsankündigung des beklagten Finanzamts vom 03.11.2016.
Der Kläger erhielt von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFiNAG), Wien, eine Zahlungsaufforderung vom 24.10.2014, mit der er als Zulassungsbesitzer zur Zahlung einer Ersatzmaut von 120 € aufgefordert wurde, weil das auf ihn zugelassene Fahrzeug mit dem Kennzeichen XXX am 14.09.2014, 15 Uhr, am mautpflichtigen Straßennetz in Österreich verwendet wurde, ohne dass die Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde. Als Deliktart ist "keine Vignette bzw. Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht" angegeben.
Der Prozessbevollmächtigte zeigte sich gegenüber der ASFiNAG an und machte geltend, "unsere Mandantschaft" habe das Pickerl tatsächlich gekauft und die Maut damit entrichtet. Dies könne durch die Ehefrau unseres Mandanten bezeugt werden. Es sei davon auszugehen, dass die Vignette ordnungsgemäß angebracht worden sei. Dass sie nicht ordnungsgemäß angebracht worden sein soll, sei nicht nachvollziehbar.
Die Korrespondenz mit der ASFiNAG blieb erfolglos; da die Ersatzmautforderung nicht innerhalb der Zahlungsfrist beglichen wurde, wurde der Fall an die Bezirksverwaltungsbehörde weitergegeben und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehr, erließ am 19.01.2015 eine Strafverfügung gegenüber dem Kläger, wonach dieser am 14.09.2014, 15.00 Uhr, mit dem Fahrzeug XXX in der Gemeinde Volders, auf der A 12, bei Kilometer 64.477, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Kiefersfelden, ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung von Mautstrecken der zeitabhängigen Maut unterliege. Am Fahrzeug sei keine gültige Mautvignette angebracht worden. Der Kläger habe dadurch § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Bundesstraßenmautgesetz (öBStMG) verletzt. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von 300 €, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Einspruch ein. Der Kläger sei mit der Geldstrafe nicht einverstanden, da er seiner Überzeugung nach keinesfalls ohne Vignette auf einer mautpflichtigen Straße gefahren sei. Er sei sich keiner Schuld bewusst; da er eine Vignette gekauft habe, sei kein Schaden entstanden. Der Kläger verweist auf das Vorbringen gegenüber ASFiNAG.
Im Rahmen der Rückfrage der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bei der ASFiNAG erläuterte diese gegenüber der Bezirkshauptmannschaft, die Vignette sei vorliegend nicht von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb das schwarze, aufgedruckte Kreuz der Trägerfolie ersichtlich sei. Die Vignette sei auch nicht komplett mit dem originären Kleber der Vignettenvorderseite an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Dadurch hätten die Sicherheitsmerkmale nicht aktiviert werden können, die eine eventuelle Manipulation der Vignette verhindern sollen. Dies sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert worden. Auf den beigefügten Bildern ist in der unteren Ecke der Windschutzscheibe auf der Fahrerseite des Fahrzeugs XXX die Vignette mit einem schwarzen Kreuz zu sehen.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck übermittelte dem Kläger mit Schreiben vom 05.03.2015 den Strafakt in Kopie mit dem Ersuchen um Stellungnahme.
Im weiteren Verfahren gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehrsreferat, wurde der bisherige Vortrag wiederholt; es sei nicht nachvollziehbar, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht worden sein soll. Beigefügt ist ein "Zeugenbericht" der Ehefrau vom 28.04.2015, wonach diese am 10.09.2014...