Tatbestand
Der Rechtsstreit geht darum, ob eine Gemeinde zu Recht auf der Lohnsteuerkarte eines verheirateten Steuerpflichtigen, dessen Ehefrau nicht im Geltungsbereich des deutschen Einkommensteuergesetzes – EStG – wohnt, die Steuerklasse I eingetragen hat.
Der Steuerpflichtige … wohnt in der Marktgemeinde H. im Bezirk des Finanzamts A. Seine Ehefrau wohnt ebenso wie sein noch die Schule besuchender Sohn … (geb. 1974) im polnischen Staatsgebiet, und zwar in Krakau.
Die Marktgemeinde H. stellte ihm für 1991 eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse I aus. Der Steuerpflichtige beantragte dagegen bei der Gemeinde, ihm die Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse III auszustellen. Er berief sich darauf, daß im Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16.07.1990 IV B 6-S 2363-25/90, Bundessteuerblatt I 1990, 358, über die Ausstellung der Lohnsteuerkarte 1991 die drei früheren Provinzen Schlesien, Ostpreußen und Westpreußen nicht als neue Länder zur Bundesrepublik Deutschland hinzugekommen seien. Es sei ungerecht, die Regelung in Abschn. 107 Abs. 3 Lohnsteuer-Richtlinien – LStR – 1990, wonach aus Billigkeitsgründen bei dem Personenkreis, dem er angehöre, die Steuerklasse III eingetragen worden sei, für die Ausstellung der Lohnsteuerkarte 1991 nicht mehr anzuwenden, wie es in diesem Schreiben bestimmt sei.
Die Marktgemeinde H. lehnte es ab, die Lohnsteuerkarte 1991 dahin zu ändern, daß anstelle der Steuerklasse I die Steuerklasse III eingetragen werde.
Dagegen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und berief sich im wesentlichen darauf, daß die Gemeinde gegen Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz –GG– verstoßen habe. Er habe zu Recht darauf hingewiesen, daß er Vertriebener sei.
Die Gemeinde wies den Rechtsbehelf mit Entscheidung vom 19.09.1991, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Sie berief sich auf § 38 b EStG und Abschn. 107 Abs. 1 und 2 LStR 1990 sowie darauf, daß die Regelung in Abschn. 107 Abs. 3 LStR für die Ausstellung der Lohnsteuerkarte 1991 nicht mehr gelte.
Mit der Klage begehrt der Steuerpflichtige erneut die Zuerkennung der Steuerklasse III auf der Lohnsteuerkarte 1991. Es sei nicht richtig, ihn wie einen Ledigen in Steuerklasse I einzustufen. Dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 3 und Art. 6 GG. Er werde hierdurch zu Unrecht benachteiligt. Er unterstütze laufend seine Ehefrau und seinen Sohn mit Paketen und Geldleistungen. Seine Ehefrau und sein Sohn könnten nämlich Polen nicht verlassen, weil der Sohn dort das Gymnasium besuche und in zwei Jahren das Abitur mache. Er selbst sei zur Zeit arbeitslos.
Die Gemeinde vertritt dagegen den Standpunkt, daß eine Änderung der Lohnsteuerkarte 1991 unter Zugrundelegung der Steuerklasse III nicht zulässig sei.
Der Kläger hat beantragt, die beklagte Gemeinde unter Aufhebung des Bescheids vom 19.08.1991 und der Einspruchsentscheidung vom 19.09.1991 zu verpflichten, auf seiner Lohnsteuerkarte 1991 anstatt der Steuerklasse I die Steuerklasse III einzutragen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet, denn die Gemeinde hat zu Recht auf der Lohnsteuerkarte 1991 die Steuerklasse I eingetragen.
In die Steuerklasse I gehören u.a. Arbeitnehmer, die verheiratet sind und bei denen die Voraussetzungen der Steuerklasse III oder IV nicht erfüllt sind (§ 38 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG 1990). In die Steuerklasse III gehören u.a. Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtigt sind und nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht oder der Ehegatte des Arbeitnehmers auf Antrag beider Ehegatten in die Steuerklasse V eingereiht wird (§ 38 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchstabe a EStG 1990). Die Steuerklasse IV setzt voraus, daß beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte des Arbeitnehmers ebenfalls Arbeitslohn bezieht (§ 38 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG 1990).
Voraussetzung ist somit stets – wie bei der Ehegattenbesteuerung nach § 26 Abs. 1 EStG 1990 –, daß beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Sie müssen also beide im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) haben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990). Die Stadt Krakau, in der die Ehefrau wohnt, gehört zum polnischen Staatsgebiet und damit nicht zum Inland.
Die Steuerverwaltung hat in Abschn. 107 Abs. 3 Satz 1 LStR 1990 aber die Einreihung in die Steuerklasse III aus Billigkeitsgründen zugelassen, wenn der Ehegatte eines unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers, von dem dieser nicht dauernd getrennt lebt, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) oder in einem der in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebiete (also z.B. in Polen) wohnt, dessen Behörden die Ausreise aus politischen Gründen verweigern, wenn er Deutscher i.S. des Art. 116 GG ist und der Ehegatte keine inländischen Einkünfte i.S. des § 49 EStG hat. Eine ähnliche Rege...