rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zinsfestsetzung nach § 233a AO unter Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses bzw. eines Verlustabzugs sowie Änderung der Steuerfestsetzung wegen offenbarer Unrichtigkeit - Erlass von Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen - Kostenentscheidung bei Haupt- und Hilfsantrag.
Leitsatz (amtlich)
1. Bei mehrfacher Änderung der Steuerfestsetzungen oder der Anrechnungsbeträge ist der Zinsbetrag nach § 233a AO für jede Änderung gesondert zu berechnen.
2. Waren vor einer Korrektur der Steuerfestsetzung bereits Nachzahlungszinsen angefallen, sind diese, soweit sie auf den Herabsetzungsbetrag entfielen, für die Zeit ab Beginn der Karenzzeit zu mindern, allerdings begrenzt auf den Unterschiedsbetrag, der sich bei Beginn des Zinslaufs ergab.
3. Jede Änderung der Steuerfestsetzung zieht gem. § 233a Abs. 5 AO eine Änderung der Zinsberechnung nach sich. Dabei sind für die Zinsberechnung zunächst Teil-Unterschiedsbeträge nach der zeitlichen Reihenfolge des jeweiligen Beginns der Zinsläufe zu bilden.
4. § 233a Abs. 5 AO trägt der Abhängigkeit der Zinsfestsetzung von der Steuerfestsetzung Rechnung und stellt klar, dass der beschränkten Vollverzinsung nur diejenigen Beträge unterliegen, die dem Gläubiger des Steuer- oder Steuererstattungsanspruchs im Verhältnis zum gesetzlichen Anspruch vorenthalten wurden. Eine Verzinsung einer zu Unrecht festgesetzten Steuer sieht der Normzweck des § 233a AO nicht vor.
5. Es besteht keine zwingende Rangfolge hinsichtlich einer Verpflichtungsklage auf Zinserlass bei gleichzeitig erhobener Anfechtungsklage bezüglich der Zinsfestsetzung. Vor Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung ist jedoch bei den Billigkeitserwägungen zu prüfen, ob nicht bereits durch die Auslegung des Gesetzes das unbillige Ergebnis vermieden werden kann. Ist dies der Fall, so ist für einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit kein Raum.
6. Bei einem Obsiegen im Hauptantrag und dem Unterliegen im aufrechterhaltenen Hilfsantrag kann die Kostenaufhebung nach § 136 Abs. 1 S. 1 FGO eine sachgerechte Entscheidung darstellen.
Normenkette
AO §§ 129, 175 Abs. 1 Nr. 2, §§ 227, 233 Abs. 2a, 5, 7; FGO § 136 Abs. 1 Sätze 1-2
Tatbestand
Streitig ist die zutreffende Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO zur Einkommensteuer für das Jahr 2000 bzw. der teilweise Erlass der festgesetzten Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden zur Einkommensteuer für 2000 zusammenveranlagt. Sie erzielten im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung.
Mit Bescheid vom 03.09.2002 wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2000 auf 374.286,11 € mit einer Zahllast i.H.v. 335.475,99 € und die Zinsen zur Einkommensteuer auf 8.386,00 € festgesetzt.
Am 24.10.2002 erließ das Finanzamt einen geänderten Einkommensteuerbescheid mit einer festgesetzten Einkommensteuer von 353.771,03 €, daraus folgend einer Verzinsung von Einkommensteuer über den Betrag i.H.v. 314.960 € und einer Minderung der bisher festgesetzten Zinsen um 512,50 € auf nunmehr 7.873,00 €.
Mit Bescheid vom 30.10.2003 setzte das Finanzamt nach einer Betriebsprüfung die Einkommensteuer auf 506.502,10 €, nach Steuerabzügen eine verbleibende Steuer i.H.v. 409.479,86 € fest; hieraus folgte eine Zahllast von 94.518,95 und eine Erhöhung der Zinsfestsetzung um 8.977,50 € auf nunmehr 16.850,00 €.
Am 15.01.2004 erließ das Finanzamt einen nach § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid, berücksichtigte dabei einen Verlustrücktrag aus 2001 in Höhe von 383.469 € (750.000 DM) und setzte die Einkommensteuer auf 341.381,41 € herab. Ausgehend von einer nach Steuerabzügen verbleibenden Steuer von 244.359,17 € und einem Erstattungsbetrag von 70.601,74 € verminderte es die Zinsen auf 10.365,00 €.
Mit Bescheid vom 02.02.2012 wurde die Einkommensteuer auf 370.941,24 € festgesetzt. Nach Steuerabzügen verblieb eine Steuer i.H.v. 273.919 € und es ergab sich ein Nachzahlungsbetrag von 29.559,83 €, der zum 06.03.2012 fällig gestellt wurde. Die Zinsen wurden um 15.661 € erhöht und auf 26.026 € festgesetzt, berechnet ausgehend von dem abgerundeten Nachzahlungsbetrag von 29.550 € mit 106 Zinsmonaten (von 01.04.2003 bis 06.02.2012) zu je 0,5 %. Die Steuerfestsetzung war nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen nacherklärter Kapitaleinkünfte von 4.303 € (8.416 DM) und nach § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG hinsichtlich des Verlustrücktrags aus 2001, dieser nunmehr i.H.v. 311.270,40 € (608.792 DM), geändert worden. Die nachzuzahlende Einkommensteuer mit den Zinsen hierzu entrichteten die Kläger bei Fälligkeit.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch wegen des unzutreffend berücksichtigten Verlustrücktrags ein, dem der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 21.05.2014 abhalf. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug jetzt 341.023,50 € unter Berücksichtigung des berichtigten Verlustrücktrags aus 2001 von nunmehr 380.826,55 € (744.832 DM) und es ergaben sich nach Steuera...