rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Arbeitseinkommen des Klägers Trinkgeldeinnahmen zugerechnet werden können.
Der verheiratete Kläger war in den Streitjahren in einer … gaststätte in … als Kellner nichtselbständig tätig. Gegenüber seinem Arbeitgeber hatte er Trinkgelderklärungen unter dem steuerfreien Betrag von 2.400 DM abgegeben (1990: 534 DM, 1991: 673 DM, 1992: 561 DM, 1993: 584,60 DM). In seinen Einkommensteuererkärungen sind die auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Bruttoarbeitslöhne enthalten.
In einer Prüfungsmitteilung vertrat der Lohnsteuerprüfer der … Betriebs GmbH in … die Ansicht, es entspräche der Lebenserfahrung, daß Trinkgelder zumindest durch Aufrunden auf volle DM-Beträge gegeben würden. Nach der ständigen Rechtsprechung seien Trinkgelder zu schätzen. Im vorliegenden Fall wären dies bei Rechnungsbeträgen von 15,– bis 20,– DM mindestens 2,5 % vom Umsatz gewesen. Der Umsatz der vom Kläger servierten Speisen und Getränke betrug 1990: 210.822 DM, 1991: 252.828 DM, 1992: 209.513 DM, 1993: 221.776 DM.
Der Beklagte änderte daraufhin nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO die bestandskräftigen zusammengefaßten Einkommensteuerbescheide vom 13.09.1991 (1990), vom 30.10.1992 (1991), vom 23.07.1993 (1992) und vom 23.08.1994 (1993). In Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom 28.11.1994 rechnete er jeweils mit 2,5 v. H. des Umsatzes geschätzte Trinkgeldeinnahmen nach Abzug des Freibetrages dem Bruttoarbeitslohn zu (1990: 2.870 DM, 1991: 3.920 DM, 1992: 2.837 DM, 1993: 3.144 DM).
Mit seinem Einspruch brachte der Kläger vor, die erhaltenen Trinkgelder habe er monatlich seinem Arbeitgeber bestätigt. Seiner Erinnerung nach habe er die Trinkgelder zutreffend angegeben. Seine Gäste, Arbeitnehmer, hätten einen preiswerten Mittags- oder Abendtisch bevorzugt und wenig Trinkgeld gegeben. Oftmals hätten sie sich auch ganz kleine Beträge zurückgeben lassen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.01.1995 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Nach der Lebenserfahrung würden üblicherweise in Gaststätten Trinkgelder zumindest durch Aufrunden auf volle DM-Beträge gegeben. Bei durchschnittlichen Rechnungsbeträgen für ein Essen mit Getränk zwischen 15 und 20 DM ergebe sich daraus ein Betrag von mindestens 2,5 v. H. des Umsatzes. Schätzungsunsicherheiten gingen zu Lasten des Arbeitnehmers.
Mit seiner Klage macht der Kläger weiterhin geltend, daß geänderte Bescheide nicht hätten ergehen dürfen. Dazu hat er im wesentlichen ausgeführt: Trinkgelder in einer den steuerfreien Betrag übersteigenden Höhe habe er, wie sich aus seinen Trinkgelderklärungen ergebe, nicht erhalten. Der Beklagte sei ohne konkrete Anhaltspunkte davon abgewichen. Seine Arbeitsstätte in … lige in einem typischen Arbeiterviertel, Laufkundschaft finde sich selten im Lokal ein. Es handele sich um ein einfaches Lokal in einem Haus aus der Nachkriegszeit mit Plätzen für 70 Personen an 12 Tischen ohne Tischdecken und Schmuck. Es sei erst kürzlich renoviert worden. Früher sei außer den Toiletten und den Fenstern nichts Wesentliches erneuert worden.
Die Speisekarte enthalte einfache, preiswerte Gerichte. Dementsprechend kämen aus dem Umfeld keine finanzkräftigen Leute. Viele Mittagsgäste kämen von Arbeitsstätten in der Nähe und würden ca. 30 Minuten bleiben. Das Tagesmenue koste 8 DM, ein Getränk 3 DM, der Verzehrbetrag liege dann zwischen 10 und 12 DM. Der Kundenkreis sei nicht gut betucht, dies wirke sich beim Trinkgeld aus. Meist werde nur auf die Rückgabe von 10 bis 20 Pfennigen verzichtet oder auch kein Trinkgeld gegeben. Als Gäste kämen auch Schüler und Jugendliche, die nur Pommes frites und Cola bestellten.
Die Höhe des Trinkgeldes habe er nach Abrechnung der Tageseinnahmen bei Dienstende als den das Wechselgeld (ca. 100 DM bei Dienstbeginn) übersteigenden Betrag feststellen können. Er habe auch das Risiko für Fehlbeträge tragen müssen. So, wenn er für Gäste besorgte Zigaretten beim Kassieren vergessen, Wechselgeld falsch herausgegeben und sich verrechnet habe oder wenn Gäste ohne zu zahlen gegangen seien. Die Fehlbeträge zu seinen Ungunsten hätten sein Trinkgeld geschmälert und seien dabei mindernd zu berücksichtigen.
Seine Kollegen hätten auch kein hohes Trinkgeld bekommen. Wenn der größte Teil der Bedienungen im Unternehmen angegeben habe, keine den Freibetrag übersteigenden Trinkgelder erhalten zu haben, spiegele dies die allgemeine Situation wieder. Personen in dieser Vielzahl könnten nicht nach der Lebenserfahrung unzutreffende Angaben unterstellt werden. Er habe sich auch gegenüber seiner Ehefrau beklagt, daß die Trinkgelder spärlich flössen.
Selbst wenn man die Schätzungsberechtigung des Beklagten dem Grunde nach anerkenne, sei der Prozentsatz zu hoch angesetzt. Nach der Rechtsprechung des BFH seien danach Art. und Preisniveau des Lokals sowie die Zahlungsfähigkeit des typischen Kundenkreises zu berücksichtigen. Sein Lokal könne allenfalls im unteren durchschnittlichen Bereich angesiedelt werden. Trinkgelder in Höhe von 2,5 v. H. des Umsa...