Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1992

 

Tenor

I. Unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 23. Februar 1994 und der Einspruchsentscheidung vom 15. März 1996 sowie unter Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1992 vom 9. Dezember 1993 wird bestimmt, daß der Beklagte die Umsatzsteuer neu berechnet, indem ein weiterer Vorsteuerabzug in Höhe von 19.558,23 DM gewährt wird.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 2.200,– DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der … (im folgenden AG genannt), die in der Schweiz ansässig war, gewährt werden kann.

Der Kläger betreibt seit 01. April 1992 einen Handel mit Kraftfahrzeugen. In seinen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate April bis Dezember 1992 hat er insgesamt einen Vorsteuerüberschuß in Höhe von 13.798,70 DM ausgewiesen. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung am 03. Mai 1993 hat der Prüfer u.a. festgestellt, daß der Kläger von verschiedenen Lieferanten, deren Unternehmereigenschaft fraglich war, Fahrzeuge bezogen hat. Im Streitfall handelt es sich um die Firma:

… bzw. ab Mitte 1992 folgende Adresse: …

Diese Firma hat für die Lieferung von verschiedenen Fahrzeugen der Marke Mazda MX 5 Roadster folgende Rechnungen gestellt:

Rechnungsbetrag (brutto)

Vorsteuer

am 22.05.1992

43.320,– DM

5.320,– DM

am 17.06.1992

33.443,04 DM

4.107,04 DM

am 14.08.1992

27.500,– DM

3.377,20 DM

am 14.08.1992

28.000,– DM

3.438,60 DM

am 14.08.1992

27.000,– DM

3.315,79 DM

insgesamt

159.263,04 DM

19.558,63 DM.

Eine Rückfrage beim Finanzamt … bei dem die AG seit 1991 unter der St. Nr. … erfaßt war, ergab, daß es sich nach den Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen bei der vorgenannten Firma um eine reine Domizilgesellschaft handeln würde und daher die Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu verneinen sei (Bl. 4 ff. Beiakte).

Das Bundesamt für Finanzen hatte am 31. Juli 1991 dem Finanzamt Konstanz folgende Auskunft erteilt: „Die Firma …” war bisher noch nicht Gegenstand von Antragen oder Mitteilungen an die IZA des Bundesamtes für Finanzen. In den hier vorhandenen Nachschlagewerken ist sie jedoch verzeichnet; die entsprechenden Eintragungen habe ich in Ablichtung beigefügt.

Einziger Verwaltungsrat o.g. Firma ist der Notar … Herr … ist hier als Funktionsträger schweizerischer Gesellschaften schon mehrfach in Erscheinung getreten. Die Vielzahl der Verwaltungsratsfunktionen läßt vermuten, daß Mandate und Funktionen nur treuhänderisch für Steuerinländer ausgeübt werden. Vermutlich handelt es sich hier um eine sog. Domizilgesellschaft, die am Ort ihres statuarischen Sitzes kein Geschäftsbüro hat, obwohl der gemäß Artikel 43 der „Verordnung über das Handelsregister in der Schweiz” vorgeschriebene Domizilvermerk fehlt. Der Domizil vermerk fehlt gelegentlich aus nicht erkennbaren Gründen, obwohl nach der Einschätzung der Gesamtumstände bei einem Teil der Gesellschaften keine eigenen Geschäftsräume vorhanden sein können. Für diese Vermutung spricht: An o.g. Adresse ist eine Büro-Service-Gesellschaft ansässig, die hier als Domizilträger bereits mehrfach in Erscheinung getreten ist …. Im Verwaltungsrat dieser Firma ist Herr … ebenfalls vertreten.

Die laut Handelsregistereintragung als Gesellschaftszweck vorgesehenen, verschiedenen wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche entsprechen erfahrungsgemäß den für Basis- oder Domizilgesellschaften typischen breiten Tätigkeitsspektren.

Durch diese für einen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichteten Betrieb atypische Vielfalt von wirtschaftlich voneinander unabhängige Funktionen eines einzelnen Rechtsträgers soll oft vorgetäuscht werden, daß zivil- oder handelsrechtlich – je nach Bedarf aufgrund von vertraglichen Einzelvereinbarungen ein Austausch jeder Art von vorgesehenen Leistungen zwischen der Domizilgesellschaft und einem Dritten möglich wird. Diese vom betriebswirtschaftlichen Normalbild eines Unternehmens deutlich abweichende Gestaltung berechtigt – auch im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise wie der Denkgesetze und Erfahrungssätze – zu der Vermutung, die ausländische Gesellschaft diene lediglich als Stützpunkt zur Verlagerung von Einkünften und Vermögen.

Die Firma verfügt weder über Telex noch Telefaxanschlüsse. Für ein aktiv tätiges Unternehmen erscheint dies ungewöhnlich.”

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht des Bundesamtes für Finanzen vom 31. Juli 1991, Bl. 68 ff. Beiakte, Bezug genommen.

Der Beklagte hat aufgrund dieser Feststellungen die Vorsteuern um 19.558,63 DM gekürzt und erließ einen entsprechenden Änderungsbescheid für den Monat Dezember 1992.

In der am 09. Dezember 1993 beim beklagten Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 19...

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