Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war primär die Frage, ob einem in den USA lebenden unterhaltspflichtigen Hochschullehrer fiktive Einkünfte für die einkommenslose vorlesungsfreie Zeit angerechnet werden können.
Sachverhalt
Den minderjährigen Klägerinnen war Prozesskostenhilfe für die von ihnen beabsichtigte Klage nicht gewährt worden.
Sie begehrten die Abänderung von Jugendamtsurkunden vom 5.6.2001, in denen der Beklagte sich verpflichtet hatte, an jede der Klägerinnen 160 % des jeweiligen Regelbetrages der 2. und 3. Altersstufe nach § 1 der jeweiligen Regelbetragsverordnung abzgl. des anrechenbaren gesetzlichen Kindergeldanteils zu zahlen. Die Voraussetzungen für eine Abänderung waren nach Auffassung des KG nicht dargetan, Prozesskostenhilfe wurde den Klägerinnen nicht gewährt.
Entscheidung
Zur Begründung führte das KG aus, die Klägerinnen hätten nicht dargelegt, dass eine Veränderung des tatsächlichen Einkommens gegenüber dem, welches der Beklagte zum Zeitpunkt der Anerkennung der Unterhaltsverpflichtung erzielt habe, eingetreten sei. Der Umstand, dass er mittlerweile in den USA lebe und arbeite, führe nicht dazu, dass die Klägerinnen höheren Unterhalt zu beanspruchen hätten. Wenn das monatliche Durchschnittseinkommen als Hochschullehrer sich ggü. dem früher in Deutschland erzielten Einkommen nicht erhöht habe, weil in den USA ein Hochschullehrer in der vorlesungsfreien Zeit keine Vergütung von seinem Arbeitgeber erhalte, sei der Beklagte - wie auch vom erstinstanzlichen Gericht zutreffend ausgeführt - nicht so zu behandeln, als würde er auch in den drei Monaten vorlesungsfreier Zeit Einkünfte erzielen.
Die Voraussetzungen für eine Zurechnung fiktiver Einkünfte seien nicht gegeben.
Der Verweis der Klägerinnen auf die gesteigerte Unterhaltspflicht ggü. minderjährigen Kindern gehe für den vorliegenden Fall fehl. Die gesteigerte Unterhaltspflicht gelte für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zur Leistung des Unterhalts ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts außerstande sei. Darum gehe es im vorliegenden Fall nicht. Das Maß des einem minderjährigen Kind zu gewährenden Unterhalts richte sich nach der Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils, die im Wesentlichen durch dessen Einkommen bestimmt werde.
Wenn der Unterhaltspflichtige über ein Einkommen verfüge, bei dem der Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes mit 160 % des Regelbetrages bemessen werde, bestehe für ihn rechtlich keine Verpflichtung, darüber hinaus seine Arbeitskraft noch einzusetzen.
Die Anrechnung des auf die Kinder entfallenden hälftigen Kindergeldes auf ihren Barbedarf gelte auch dann, wenn ein deutscher Unterhaltspflichtiger - wie hier - im Ausland lebe. Das Gesetz sehe nicht vor, dass eine andere Regelung gelten solle, wenn der Unterhaltspflichtige sich im Ausland aufhalte. Für die Zeit ab 1.1.2008 sei die Anrechnung des auf die Kinder entfallenden hälftigen Kindergeldes auf ihren Barbedarf in § 1612b Nr. 1 BGB ausdrücklich geregelt. Mit dieser Neuregelung werde unverändert das Ziel verfolgt, dass mit dem Kindergeld grundsätzlich beide Eltern entlastet werden sollten. Die von den Klägerinnen zitierte Entscheidung des BGH in FamRZ 2004, 1639 ff. betreffe eine andere Fallgestaltung und sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 13.08.2010, 3 WF 296/07