Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Unterhaltsforderung der minderjährigen Klägerin, die im Haushalt ihres Vaters lebte, gegen ihre Mutter. Die Eltern waren geschieden. Umgangskontakte zwischen Mutter und Tochter gab es nicht.
Die Beklagte war im Jahre 1973 geboren und führte eine nach ihrem Hauptschulabschluss begonnene Lehre im Lebensmittel-Einzelhandel nicht zu Ende, nachdem sie die schriftliche Prüfung wiederholt nicht bestanden hatte.
Während des ehelichen Zusammenlebens war sie ab 1998 geringfügig als Packerin bei einer Supermarktkette beschäftigt. Danach arbeitete sie ein Jahr lang als Hilfe in einem Privathaushalt 30 Stunden wöchentlich.
Im Zuge von Trennung und Scheidung verzog sie im Oktober 2003 in einen anderen Ort und erhielt dort zunächst SGB II-Leistungen. Ab 2005 bezog sie aus geringfügiger Tätigkeit als Reinigungskraft weitere 160,00 EUR monatlich. In der Folgezeit stockte sie ihre Reinigungstätigkeit nach und nach auf. Die Klägerin nahm ihre Mutter zunächst außergerichtlich auf Auskunftserteilung und Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Sie verlangte ab Juni 2008 Unterhalt i.H.v. monatlich 288,00 EUR und ab Januar 2009 i.H.v. 295,00 EUR monatlich.
Die Beklagte berief sich auf Leistungsunfähigkeit.
Das FamG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei in der Lage, den verlangten Mindestunterhalt zu zahlen, wenn sie einer vollschichtigen Tätigkeit mit einem Stundenlohn von 8,15 EUR brutto sowie einer Nebentätigkeit im Umfang von weiteren 165,00 EUR monatlich nachgehe.
Gegen dieses Urteil wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte aus dem tatsächlich von ihr erzielten Einkommen von durchschnittlich unter 900,00 EUR monatlich den von ihr verlangten Kindesunterhalt nur insoweit zahlen könne, als ihr notwendiger Selbstbehalt gewahrt bleibe. Dieser liege grundsätzlich bei 900,00 EUR.
Allerdings sei im vorliegenden Fall eine Herabsetzung des Selbstbehalts jedenfalls in der von der Beklagten selbst ermittelten Höhe von 90,00 EUR auf 810,00 EUR vorzunehmen, obgleich der Lebensgefährte der Beklagten lediglich Leistungen nach dem SGB II beziehe. Zwar bleibe es im Grundsatz dabei, dass eine Kürzung des Selbstbehalts nicht in Betracht komme, wenn der Partner des Unterhaltspflichtigen selbst nur über das Existenzminimum verfüge und wenn und soweit diese Leistungen ihrerseits bereits unter Berücksichtigung der Ersparnisse aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung in einer sog. Bedarfsgemeinschaft ermittelt und reduziert worden seien. Ob Letzteres hier der Fall sei, habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Es sei auch offen geblieben, ob der Lebensgefährte auch Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II erhalte, die zugleich die von der Beklagten zu tragenden Wohnkosten senken und dadurch möglicherweise Anlass zu einer Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts bieten würden. Bei dieser Sachlage müsse sich die Beklagte jedenfalls an der von ihr selbst vorgenommenen Kürzung des Selbstbehalts um 90,00 EUR auf 810,00 EUR festhalten lassen.
Es bestehe damit auf der Grundlage der tatsächlichen Einkünfte der Beklagten nur eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Kindesunterhalt.
Die Beklagte könne sich jedoch ihrer Tochter ggü. nicht darauf berufen, leistungsunfähig bzw. nur teilweise leistungsfähig zu sein, zumal sie noch nicht einmal die Regelarbeitszeit von gegenwärtig noch 40 Wochenstunden ausschöpfe.
Das OLG ging davon aus, dass aufseiten der Beklagten die Voraussetzungen für die Berücksichtigung fiktiver Einkünfte vorlägen, da sie konkrete Bemühungen um besser dotierte Stellen nicht dargelegt habe.
Zum anderen hätten in der hier streitbefangenen Zeit ab Juni 2008 auch für die Beklagte reale Chancen auf eine vollschichtige Tätigkeit auf der Basis eines Stundenlohns von 8,50 EUR bestanden. Von einer realen Chance in diesem Sinne sei auszugehen, wenn die Aussichten auf einen solchen Arbeitsplatz nicht völlig irreal oder nur theoretischer Art seien. Das OLG sah im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse für die Beklagte ein Brutto-Einkommen von 1.478,15 EUR auf der Basis eines Stundenlohns von 8,50 EUR und einer 40-Stunden-Woche für erreichbar und führte diverse Branchen auf, in denen entsprechende Tarifgehälter gezahlt würden.
Umstände in der Person der Beklagten, die ihren Zugang zu einem solchen Arbeitsplatz erschwerten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Bei einem Bruttoeinkommen von 1.478,15 EUR verblieben der Beklagten bereinigte Einkünfte von 1.001,30 EUR, mit denen sie in der Lage wäre, unter Berücksichtigung des auf 810,00 EUR herabgesetzten Selbstbehalts zumindest 191,30 EUR Kindesunterhalt zu zahlen.
Darüber hinaus sei der Beklagten, wie auch das FamG zu Recht angenommen habe, eine Nebentätigkeit zuzumuten, mit der sie weiteres Einkommen von mindestens 140,00 EUR erzielen könnte.
Rechtliche Hindernisse ständen...