Rz. 10

Im Jahr 2002 ist das finnische Kollisionsrecht im Familienrecht zusammen mit dem Kollisionsrecht des Erbrechts grundlegend reformiert worden. Mussten früher die Ehehindernisse nach dem Heimatrecht des Verlobten geprüft werden, wurde dies als zu kompliziert angesehen und geändert. Es wird gegenwärtig folgendermaßen differenziert:

 

Rz. 11

Besitzt einer der Verlobten die finnische Staatsangehörigkeit oder ist er im Bevölkerungsregister Finnlands eingetragen, findet auf die Eheschließung finnisches Recht Anwendung, § 108 AL.
Ist keiner der Verlobten im finnischen Bevölkerungsregister eingetragen, haben sie gem. § 2 finnische Eheverordnung dem Prüfer ein Ehefähigkeitszeugnis vorzulegen, aus dem die zur Prüfung der Ehehindernisse nach finnischem Recht benötigten Informationen hervorgehen. Dieses Zeugnis ist mit einer Apostille zu versehen.
Sind beide Verlobte weder finnische Staatsangehörige noch in Finnland wohnhaft, haben sie gem. § 108 Abs. 2 AL ein Ehefähigkeitszeugnis vorzulegen, aus dem hervorgeht, dass sie nicht verheiratet sind und dass nach dem Recht des Heimatlandes keine Ehehindernisse bestehen. Nur bei dieser Konstellation (weder Anknüpfung durch Staatsangehörigkeit noch durch Wohnsitz) werden die Ehehindernisse nach ausländischem Recht geprüft. Das Ehefähigkeitszeugnis ist mit einer Apostille zu versehen. Damit die Ehe in Finnland geschlossen werden kann, dürfen jedoch auch keine Ehehindernisse nach finnischem Recht vorliegen.
Will ein finnischer Staatsangehöriger oder eine im finnischen Bevölkerungsregister geführte Person im Ausland heiraten, so erhält sie auf Antrag von der Digi- und Bevölkerungsinformationsregisterbehörde ein Ehefähigkeitszeugnis ausgestellt.
 

Rz. 12

Eine im Ausland geschlossene Ehe ist gem. § 115 AL in Finnland wirksam, sofern sie im Staat, in dem sie eingegangen wurde, oder im Staat, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehepartner besitzt, oder im Staat, in dem einer der Ehepartner seinen Wohnsitz hat, zum Zeitpunkt der Eheschließung wirksam war.

 

Rz. 13

Dem Grundsatz "locus regit actum" folgend wird auf eine Trauung in Finnland in jedem Fall finnisches Verfahrensrecht angewandt.[7] Hierunter fallen neben der persönlichen und örtlichen Zuständigkeit der Person, welche die Trauung vollzieht, und den Vorschriften, welche den Ort der Trauung betreffen, folgende Punkte:

persönliche Anwesenheit der zu Trauenden;
Willenserklärungen der zu Trauenden;
ggf. Zustimmung/Genehmigung der Trauung durch Dritte;
Anwesenheit der Zeugen;
Durchführung der Trauung, wie in der finnischen Eheverordnung festgelegt.

Vorgenanntes gilt gem. § 115 AL auch für Ehen, die in einem Drittstaat vor einem finnischen Diplomaten oder Konsularbeamten geschlossen werden.

 

Rz. 14

Eine Einschränkung besteht hinsichtlich Eheschließungen, bei denen einer der Ehepartner bei der Trauung nicht persönlich anwesend ist oder bei der die Ehe ohne Trauung oder sonstiges Verfahren zustande gekommen ist (Common Law Marriage). Eine solche Ehe wird gem. § 116 AL in Finnland nur dann als wirksam angesehen, wenn sie im eheschließenden Staat, wie in § 115 AL festgelegt, wirksam ist und besondere Gründe dafür sprechen, die Ehe als wirksam anzusehen. Zu berücksichtigen ist dabei, wie eng die Ehegatten mit diesem Staat verbunden sind. Die Frage, ob eine Ehe in Finnland anerkannt wird, kann in Finnland gem. § 117 AL geprüft werden, sofern für ein Scheidungsverfahren in Finnland eine Zuständigkeit bestünde.

[7] Mikkola, Kansainvälinen avioliitto – ja jäämistöoikeus (Internationales Ehe- und Nachlassrecht), S. 83.

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