Leitsatz
a) Einen im Laufe des Mietverhältnisses auftretenden Mangel der Mietsache hat der Vermieter auch dann auf seine Kosten zu beseitigen, wenn die Mangelursache zwar der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, der Mieter den Mangel aber nicht zu vertreten hat, weil er die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht überschritten hat.
b) Ist der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels der Mietsache in Verzug, kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen (lassen) und zu diesem Zweck vom Vermieter einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Beseitigungskosten verlangen.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
BGB §§ 535, 536a, 538
Kommentar
In einer Mietwohnung hatten sich beginnend im Dezember 2002 Schwarzstaubablagerungen (sog. Fogging) gebildet, die sich bis Februar 2003 auf sämtliche Wände und Decken verbreiteten. Im April 2003 wurde der Vermieter vergeblich zur Beseitigung der Ablagerungen aufgefordert. Im Mai 2003 hat die Mieterin einen Kostenvorschuss von 5.423 EUR für die Beseitigung verlangt. Dieser Betrag war Gegenstand der Klage. Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten über die Ursache der Mängel eingeholt. Danach sind die Schwarzstaubablagerungen auf ein Zusammenwirken von vier Faktoren zurückzuführen, nämlich
- auf die Verlegung eines Teppichbodens,
- auf das Streichen der Wände,
- auf das Reinigen der Fenster im Winter und
- auf den zusätzlichen Eintrag flüchtiger organischer Stoffe während des Fensterputzens.
Da die Maßnahmen 1 bis 3 durch die Mieterin veranlasst wurden, stellt sich zunächst die Frage, ob der Vermieter auch dann zur Mangelbeseitigung verpflichtet ist, wenn der Mangel durch ein Verhalten des Mieters verursacht wurde.
Dies wird vom BGH bejaht. Der Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung folgt aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach muss der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem vertragsgemäßen Zustand erhalten. Es spielt keine Rolle, ob die Mangelursache vom Mieter gesetzt worden ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat. Ein solcher Ausnahmefall war aber nicht gegeben, weil die Ausstattung einer Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, das Streichen der Wände mit handelsüblicher Farbe und das Fensterputzen im Winter durch den vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt wird.
Ist der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels – wie vorliegend – in Verzug, kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Hierzu hat der BGH (Urteil v. 7.5.1971, V ZR 94/70, BGHZ 56, 136 unter Ziff. II) bereits entschieden, dass dem Mieter ein Anspruch auf einen Kostenvorschuss in Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten zusteht.
Neben dem Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) und dem Anspruch auf Selbstbeseitigung (§ 536a Abs. 2 BGB) kann der Mieter unter Umständen auch die Rechte aus § 536 BGB (Minderung) und § 536a Abs. 1 BGB (Schadensersatz) geltend machen. Dabei ist zu beachten, dass der Schadensersatzanspruch aus § 536a Abs. 1 BGB eine Pflichtverletzung und ein Verschulden des Vermieters voraussetzt.
Hierzu hat der BGH (Beschluss v. 25.1.2006, VIII ZR 223/04) entschieden, dass diese Tatbestandsmerkmale vom Mieter zu beweisen sind. Günstiger ist die Beweislage, wenn der Mieter die Miete mindert oder den Vermieter auf Mangelbeseitigung in Anspruch nimmt. In diesen Fällen kommt es auf ein Verschulden des Vermieters nicht an. Deshalb muss der Mieter lediglich beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Die Mangelursache muss er nicht beweisen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 28.05.2008, VIII ZR 271/07BGH, Urteil v. 28.5.2008, VIII ZR 271/07, NJW 2008, 2432 m. Anm. Horst = MietRB 2008, 259