1. Grundsätzlich hat der Gerichtsvollzieher die Weisungen des Gläubigers zu befolgen.
2. Die Sachpfändung ist auf Verlangen des Gläubigers auch dann durchzuführen, wenn der Schuldner amtsbekannt keine Habe hat und bereits vor einem Jahr die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.
3. Der verfassungsmäßig garantierte Anspruch des Gläubigers auf effektiven Rechtsschutz im Wege der Vollstreckung (Art. 14 GG) ist stets zu beachten.
AG Reinbek, 13.7.2009 – 7 M 791/09
I. Der Fall
GV erteilt Unpfändbarkeitsbescheinigung…
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem VB über eine Teilforderung von 750 EUR. Der GV hat vor Ort weder den Schuldner noch andere Personen angetroffen und darauf eine Unpfändbarkeitsbescheinigung erteilt.
… und missachtet Weisung zur Vollstreckung
Die Gläubigerin hat darauf einen Durchsuchungsbefehl beantragt und erhalten und dem GV einen erneuten Sachpfändungsauftrag erteilt. Dies hat der GV unter Hinweis auf seine Unpfändbarkeitsbescheinigung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor einem Jahr abgelehnt. Trotz des erneuten Vollstreckungsverlangens blieb der GV bei seiner Ansicht, so dass die Gläubigerin nunmehr im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO vorging und Erfolg hat.
II. Die Entscheidung
GV hat Weisungen zu befolgen
Die Gründe, mit denen der GV die Durchführung eines weiteren Sachpfändungsversuchs beim Schuldner ablehnt, sind nicht durchgreifend. Grundsätzlich hat der GV die Weisungen des Gläubigers zu befolgen (§ 58 Nr. 2 GVGA). Bei vermögenslosen Schuldnern sieht § 63 GVGA eine vereinfachte Behandlung des Antrages vor (mit Ausnahme von § 63 Nr. 2 GVGA).
Letzte Pfändung liegt zu lange zurück
Hiernach kann der GV eine Unpfändbarkeitsbescheinigung dann erteilen, wenn er begründeten Anhalt dafür hat, dass die Zwangsvollstreckung fruchtlos verlaufen werde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner in der letzten Zeit – § 63 Nr. 1 GVGA nennt hier als Anhaltspunkt einen Zeitraum von drei Monaten – fruchtlos verlaufen sind. Nach der Stellungnahme des GV liegt der letzte Vollstreckungsversuch in der Wohnung des Schuldners schon einige Jahre zurück. Hieraus kann sich jedenfalls kein begründeter Anhalt dafür ergeben, dass die Zwangsvollstreckung fruchtlos verlaufen werde.
Gleiches gilt für die e.V.
Auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zuletzt im Februar 2008 bietet insoweit keinen ausreichenden Anhalt dafür, dass eine weitere Sachpfändung beim Schuldner fruchtlos verlaufen werde. Im Zeitpunkt der Bescheinigung der Unpfändbarkeit durch den GV im Januar 2009 lag die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung schon knapp ein Jahr zurück, im Zeitpunkt der folgenden Gläubigerweisungen bereits gut ein Jahr. Aufgrund des nicht unerheblichen Zeitablaufes erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Schuldner inzwischen pfändbare Vermögenswerte erworben hat. Jedenfalls ist auch die als Anhaltspunkt genannte Dreimonatsfrist des § 63 Nr. 1 GVGA bei weitem abgelaufen.
Entscheidung über Durchsuchungsbeschluss wahrt die Rechte des Schuldners
Im Übrigen wäre bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine richterliche Durchsuchungsanordnung gemäß § 758a ZPO möglich. Dass der Schuldner bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, die Voraussetzungen für eine wiederholte eidesstattliche Versicherung nach § 903 ZPO jedoch nicht erfüllt sind, hindert dies nicht. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO dient dazu, den Schuldner zu veranlassen, über sein Vermögen im Einzelnen wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung schließt aber die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht aus. Anderenfalls hätte ein Schuldner die Möglichkeit, Vermögenswerte oder Hinweise auf sie vor dem Gläubiger zu verbergen.
Verfassungsrechte des Gläubigers ebenfalls beachtlich
Die richterliche Durchsuchungsanordnung gewährleistet die Prüfung, dass die in Art. 13 Abs. 2 GG vorbehaltene Einschränkung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit der Wohnung nur für eine verfassungsrechtlich gebotene wirkungsvolle Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs des Gläubigers erfolgt. Weitere Voraussetzungen für die Durchsuchungsanordnung ergeben sich weder aus der Verfassung noch aus dem Vollstreckungsrecht. Demgegenüber ist auch der verfassungsmäßig garantierte Anspruch des Gläubigers auf effektiven Rechtsschutz im Wege der Vollstreckung (Art. 14 GG) zu beachten.
III. Der Praxistipp
Vollstreckungswirklichkeit: Wo bleiben die Rechte des Gläubigers?
Die Entscheidung zeigt ein Stück Vollstreckungswirklichkeit zu Lasten des Gläubigers. Der GV verletzt verfassungsrechtliche Grundsätze, die einfachgesetzlichen Regelungen der ZPO und des BGB, richterliche Entscheidungen und letztlich auch die ihn bindende Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) und damit das Recht in mehrfacher Weisung.
Verletzung des Verfassungsrechtes
Die Rechtsprechung hat sich zuletzt vermehrt wieder veranlasst geseh...